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Zwischenruf Grenzenlose Selbstherrlichkeit

Als im Frühjahr 2007 die US-Immobilienkrise begann, hätten die ersten Kontrolllämpchen blinken müssen. Spätestens im Juni, als zwei Hedgefonds der New Yorker Investmentbank Bear Stearns pleite machten, hätten die Alarmglocken schrillen müssen. Doch weder die Banken noch die Bundesregierung nahmen das Menetekel ernst. Man vertraute auf die viel gerühmten Selbstheilungskräfte des Marktes. Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht, basta.

Als dann in Deutschland die Mittelstandsbank IKB, SachsenLB, WestLB und BayernLB in den Malstrom der Krise gerieten, taten die politisch Verantwortlichen stets so, als wäre dies nicht ihre Baustelle. Ein Griff ins steuergeldgefüllte Staatssäckel und schon war der Schaden behoben. Wenn dies bei Tarifkonflikten ebenso leicht ginge, könnten sich die Gewerkschaften künftig der Organisation von Skatabenden und Kremserfahrten widmen. Konsequenzen? Lediglich der sächsische Ministerpräsident Georg MiIbradt musste seinen Hut nehmen, aber eigentlich nur, weil er als früherer Schatzmeister des Freistaats auch privat mit der Landesbank rumgemuschert hatte.

Die Szene am Donnerstagabend vor der Berliner Filiale der KfW Bankengruppe erinnerte in fataler Weise an die Stellungnahmen nach den LB-Flops. Bundeswirtschaftsinister Michael Glos, zugleich Chef des Verwaltungsrats, und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück forderten eine schärfere Kontrolle. An wen sie ihre Kritik richteten, bleibt ihr Geheimnis, denn verantwortlich sind sie selbst. Nun kann man beiden im konkreten Fall der Überweisung von mehr als 300 Millionen Euro an den Pleitier Lehman Brothers keinen Vorwurf machen. Auch sind die nun suspendierten Bankmanager nicht etwa Trottel oder dumm, wie "taz" respektive "Bild" meinen.

Hochriskante Geschäfte mit Geld von Steuerzahlern

Es sind die politischen Strukturen, die den Banken, staatlichen wie privaten, praktisch freie Hand lassen. Herausgekommen ist eine grenzenlose Selbstherrlichkeit und –überschätzung, in der astronomisch hoch bezahlte Banker schalten und walten, wie ihnen grad an der Mütz’ ist. Die finanzielle Übersicherheit verleitet zu hochriskanten Geschäften mit dem Geld von Steuerzahlern oder Sparern. Persönliche Haftung ist ein Fremdwort, auch für die KfW-Hasardeure.

Papst Paul VI. warnte 1967 in seiner Enzyklika "Populorum progressio" vor einer Welt, in der Profitstreben als eigentlicher Motor des Fortschritts gilt. Hessens Regierungschef und KfW-Verwaltungsratsmitglied Roland Koch sagt, irgendjemand hätte die Reißleine ziehen müssen. Nicht irgendjemand, sondern der Staat als Garant und Kontrolleur jeglicher Wirtschaftstätigkeit. Er sollte nicht noch einmal vier Jahrzehnte damit warten.

Quelle: ntv.de

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