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Zwischenruf Kein Rückenwind für Rajoy

Eine Wählerin gibt im Baskenland ihre Stimme ab.

Eine Wählerin gibt im Baskenland ihre Stimme ab.

(Foto: dpa)

Die Ergebnisse der Regionalwahlen im Baskenland und in Galicien sind höchst unterschiedlich: Im Baskenland gewinnen die Nationalisten, in Galicien die Konservativen der in Madrid regierenden Volkspartei. Mehr Rückenwind für Premier Rajoy bedeuten beide Urnengänge gleichwohl nicht.

Der Ausgang der Regionalwahlen im Baskenland und in Galicien könnte unterschiedlicher nicht sein. Gemeinsam ist beiden Urnengängen aber, dass sie nur bedingt ein Stimmungstest für das Krisenmanagement von Ministerpräsident Mariano Rajoy sind. Dessen konservative Volkspartei PP errang im Nordwesten einen klaren Sieg. Nun wird Rajoy nicht müde, sich vor die Brust zu klopfen. Galicien ist eine traditionelle Hochburg der PP. Der Wahlkampf ihres Spitzenkandidaten Alberto Núñez Feijóo, Chef der Regionalregierung Xunta de Galicia, war nicht aggressiv, wurde mit - wie es auf Galizisch heißt - "sentidiño", gesundem Menschenverstand, geführt und war völlig auf seine Person abgestellt. Inhaltlich hob die Kampagne auf regionale Themen ab.

Núñez Feijóo, Wahlsieger in Galicien, hat auf regionale Themen gesetzt.

Núñez Feijóo, Wahlsieger in Galicien, hat auf regionale Themen gesetzt.

(Foto: dpa)

Núñez Feijóo steht für "galleguismo". Ohne in extremen Nationalismus zu verfallen, meint "Galiciertum" die Bewahrung und Förderung der während des Franco-Faschismus unterdrückten galicischen Sprache und der Kultur bis hin zur für Nichtiberer ungewöhnlichen Nationalküche. Nicht nur die Konservativen wissen, dass sie ohne Integration in den spanischen Zentralstaat keine Überlebenschancen hätten. Und eine Vereinigung mit dem sprachlich und kulturell eng verwandten Portugal zieht ein Galicier höchsten nach der zweiten Flasche "Albariño" in Betracht.

Partei der Nichtwähler gewinnt

Eigentlicher "Wahlsieger" aber ist mit 36 Prozent die Partei der Nichtwähler. Das ist zweifellos auch ein Zeichen dafür, dass eine beträchtliche Anzahl der Wähler weder Vertrauen in den Regionalismus vor Ort noch in das Krisenmanagement Madrids hat.

Auch im hochpolitisierten Baskenland traten 34 Prozent der Stimmberechtigten aus ähnlichen Gründen nicht an die Urnen. Doch ist das Wahlergebnis hier ein eindeutiges Zeichen für ein "weg von Madrid". Die bürgerlich-nationalistische Baskische Nationalpartei BNV wurde stärkste Partei vor dem linksnationalistischen Bündnis Euskal Herria Bildu. Beide könnten koalieren und hätten die absolute Mehrheit im Regionalparlament Eusko Legebiltzarra. PNV-Chef Iñigo Urkullu zieht aber offenbar vor, eine Minderheitsregierung zu bilden. Bildu, dem auch einstige Mitglieder der Batasuna, früher politischer Arm der bewaffneten Separatistengruppe ETA, angehören, ist dem gleichwohl nach Lostrennung von Spanien strebenden eher christlich-demokratischen Nationalisten dann doch zu radikal.

Großer Verlierer des Urnengangs in beiden Regionen ist die sozialdemokratische PSOE. Im Baskenland landete die bislang mit Hilfe der Volkspartei PP regierende Partei auf dem dritten Rang; die PP selbst verschlug es auf Platz vier. Damit stellt die früher mächtige PSOE nur noch die Regionalregierung Andalusiens. Die im Süden gelegene Autonome Gemeinschaft gehört neben Castilla-La Mancha zu jenen Regionen, die von der US-Ratingagentur Moody's herabgestuft wurden. Galicien hatte schon vor einiger Zeit einen aufs Dach bekommen. Einzig das Baskenland steht noch gut da. Kein gutes Zeichen - weder für die Einheit Spaniens noch für dessen Streben nach Wiederbelebung der Wirtschaft.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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