Zündeln am Pulverfass Kim-Regime gefährdet sich selbst
08.03.2013, 09:46 Uhr
Wohin steuert Kim Jong Un Nordkorea?
(Foto: dpa)
Nordkorea hält die Welt in Atem. Das kommunistische Regime in Pjöngjang droht US-Amerikanern und Südkoreanern. Erinnerungen an den Korea-Krieg von 1950 bis 1953 werden wach. Allerdings könnte ein erneuter Waffengang den Untergang der Kim-Dynastie bedeuten.
Es sind immer schriller werdende Töne, die aus Nordkorea kommen. Das Gefährliche ist: Es bleibt nicht beim verbalen Säbelrasseln, denn das stalinistische Regime heizt die Situation auch militärisch weiter an. Nach 60 Jahren ist ein Korea-Krieg wieder im Bereich des Möglichen. Nach der Drohung mit einem atomaren Erstschlag gegen die Supermacht USA lässt die Pjöngjanger Clique nun auch gegen Südkorea die Muskeln spielen. Die Demokratische Volksrepublik Korea, die alles andere als demokratisch ist, die das eigene Volk in ihrem "Paradies" eingesperrt hält und seit Jahrzehnten einer ideologischen Gehirnwäsche unterzieht, schafft Fakten und kappt die Verbindungen mit dem wirtschaftlich übermächtigen Süden.
Der junge Diktator Kim Jong Un und sein Gefolge haben eine weitere Eskalationsstufe im sich seit Jahren hinziehenden Atomstreit gezündet. Der 1991 unter seinem Großvater Kim Il Sung nach mühsamer diplomatischer Arbeit geschlossene Nichtangriffspakt mit Seoul wird einfach aufgekündigt. Weil sich beide Koreas offiziell noch immer im Kriegszustand befinden, kann die Lage sehr schnell außer Kontrolle geraten. Dass Nordkoreas Machthaber nicht lange fackeln und die Waffen sprechen lassen, haben sie am 23. November 2010 bewiesen. Damals ließen sie die südkoreanische Insel Yeonpeong beschießen - mit mehr als 100 Granaten. Vier Menschen verloren ihr Leben.
Das oft belächelte Nordkorea, in dem die Menschen zu Tausenden bei Massenveranstaltungen singen und tanzen und ihre gnadenlosen Kims feiern und huldigen mussten beziehungsweise müssen, ist ein großer Gefahrenherd. Die Armee ist dort ein Staat im Staate. Das bitterarme Land mit seinen rund 24 Millionen Einwohnern leistet sich eine 1,2-Millionen-Mann-Armee - sie ist damit eine der größten der Welt. Während in Pjöngjang üble Folkloreveranstaltungen zu Ehren des Großen und Geliebten Führers (Kim Il Sung), des Geliebten Führers (Kim Jong Il) und des Großen Nachfolgers (Kim Jong Un) zelebriert werden, vegetieren Tausende unter unwürdigsten Bedingungen in den Straflagern. Während Kim Jong Un sich auf dem Kettenkarussell amüsiert, kommen viele von ihnen zu Tode. Singen, Tanzen und Fröhlichsein ist die Fassade, die Wirklichkeit ist der nackte Überlebenskampf eines großen Teils der nordkoreanischen Bevölkerung.
Die Lage in Pjöngjang ist unübersichtlich. So ist völlig unklar, ob der dritte Kim die vollständige Kontrolle über Staat und Armee ausübt. In jüngster Zeit traten wieder führende Militärs mit martialischen Reden auf. Zwar wurde Armeechef Ri Yong Ho im Juli 2012 abgesetzt - offiziell durch einen Beschluss des Politbüros der Partei der Arbeit Koreas (PdAK). Aber die Armee ist der wichtigste Machtfaktor, auch ökonomisch. Ohne sie geht in Nordkorea nichts. Weitere Atom- und Raketentest sind nicht durch Kim Jong Un, sondern durch die Armeeführung angekündigt worden. Nicht der junge Kim, sondern ein sogenanntes Wiedervereinigungskomitee reagierte auf die jüngste UN-Resolution und teilte mit, dass ein Atomkrieg "jetzt ausbrechen könnte". Kim besucht dagegen seine an der innerkoreanischen Grenze stationierten Soldaten.
Sieg gegen USA unmöglich
Egal, ob Kim die Macht fest in seiner Hand hält oder nicht: Das Regime in Pjöngjang will einen Friedensvertrag mit den US-Amerikanern erpressen und bringt sich damit selbst in große Gefahr. Das ökonomisch marode Nordkorea kann einen Krieg gegen die USA nicht gewinnen. Schon 1950 hat sich Kim Il Sung mit seinem Angriff auf Südkorea mächtig die Finger verbrannt. Nur dank chinesischer Hilfe konnte die totale Niederlage gegen die USA und Südkorea verhindert werden.
Zudem findet Kim Jong Un eine andere Situation vor als sein Großvater. In Peking regiert nicht mehr der "große Steuermann" Mao Zedong. Die kommunistische Führung Chinas baut an einer Ökonomie, die irgendwann einmal stärker als die US-amerikanische sein soll. Wirtschaftlich sind die Chinesen Pragmatiker, die nordkoreanischen Steinzeitkommunisten sind dabei nur ein Klotz am Bein. Auch das Russland des Wladimir Putin hat für den nordkoreanischen Amoklauf kein Verständnis mehr.
Dass die Kim-Dynastie irgendwann das Zeitliche segnen wird, ist sicher. Ein Krieg würde ihren Untergang beschleunigen. Im Endeffekt wäre dies für Ostasien und die Welt positiv. Allerdings ist der Preis ein zu hoher, denn Tausende Menschen, überwiegend Koreaner nördlich und südlich des 38. Breitengrades, verlören ihr Leben. Eine mit Blutvergießen vollzogene Wiedervereinigung: Dieses Schicksal muss Korea unbedingt erspart bleiben. Um das Pjöngjanger Zündeln am Pulverfass zu beenden, gibt es nur ein brauchbares Mittel: die Diplomatie.
Quelle: ntv.de