Zwischenruf Moorburg-Eklat in Hamburg
10.10.2008, 17:15 UhrNur in der Koalition könne man die Modernisierung Hamburgs durchsetzen, heißt es bei den Grünen nach dem Moorburg-Eklat. Soll heißen: Politik ist nur in der Regierung machbar. Grundfalsch, und die Grünen selbst sind der beste Beweis dafür. Der Partei gebührt das historische Verdienst, die Bewahrung unserer natürlichen Umwelt zu einem nationalen politischen Thema gemacht zu haben. Und zwar durch Druck aus der parlamentarischen Opposition heraus, sicher auch begleitet von außerparlamentarischen Aktionen.
Die Grünen haben bei ihrem Marsch durch die Institutionen nicht die Institutionen verändert. Eher wird umgekehrt ein Schuh daraus. Die grüne Chefin des Umweltressorts Anja Hajduk hat den Mund zu voll genommen, als sie - schon Senatorin - vermeinte, den Bau des elbverschmutzenden Kraftwerks verhindern zu können. Ein Blick in die Prozessakten hätte genügt, um zu zeigen, dass sie schlechte Karten hatte. Gegen ein rechtsstaatliches Urteil kann man nun einmal nichts machen. Es ist zweifelhaft, ob Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust zu seinem Koalitionspartner gestanden und sich gegen den Betreiber Vattenfall gestellt hätte, wäre das Urteil anders ausgefallen. Schließlich hatte der Neubau des Kohlekraftwerks im Oktober vergangenen Jahres erst begonnen, nachdem der damalige Senat unter der Ägide des CDU-Mannes die Genehmigung erteilt hatte.
Aber das Nein zu Moorburg war das zentrale Wahlkampfthema der Grün-Alternativen Liste. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Und hier sind Spitze und große Teile der Basis einfach umgekippt. Es ist nicht sicher, ob der Rest der Basis und vor allem die Wählerschaft bereit sind, dies einfach hinzunehmen. Denn es wird nicht die letzte Bewährungsprobe sein, auf die das erste schwarz-grüne Regierungsexperiment in Deutschland gestellt wird.
"Sozial, ökologisch, basisdemokratisch, gewaltfrei". So lautete vor mehr als 28 Jahren der Gründungskonsens der Bundespartei Die Grünen. Von letzterem verabschiedete sich die Partei mit ihrer Zustimmung zum NATO-Luftkrieg gegen Jugoslawien. Die soziale Komponente geriet spätestens mit dem Ja zu Hartz IV ins Wanken. Abschied von der Ökologie zu nehmen hieße, eine weitere Säule des Selbstverständnisses einzureißen. Immerhin hatte Cem Özdemir, Parteichef ins spe, kürzlich mit eigenen Äußerungen zum Thema Kohlekraftwerke für erhebliche Verwirrung gesorgt. Spätestens im Januar beim nächsten Parteitag muss Klarheit herrschen. Wie sagt der Volksmund? Wer mit dem Teufel speist, muss einen langen Löffel haben. Sonst löffelt er am Ende die Suppe selbst aus, die er sich von Luzifer hat einbrocken lassen.
Quelle: ntv.de