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Langsamer Abschied von der Macht Mubarak wählt Salami-Taktik

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(Foto: REUTERS)

Mubaraks Abschied wird ein Abschied auf Raten. Er muss sich offenbar erst an den Gedanken gewöhnen, dass er nicht unersetzlich ist. Sein schrittweises Loslassen von der Macht birgt Chancen und Risiken.

Der alte Mann Ägyptens lässt los. Aber nur ganz, ganz langsam. Husni Mubarak hat sich für die Salami-Taktik entschieden: Angesichts der Massenproteste in Kairo gab er zunächst bekannt, bei der nächsten Wahl zum Präsidenten nicht mehr antreten zu wollen. Nun lässt er die Führungsriege seiner Partei austauschen gegen liberalere Köpfe, zunächst ohne selbst zu gehen. Das alles fällt ihm sichtlich schwer. Jahrzehntelang war er trotz seiner rigiden Amtsführung umgarnt und umarmt worden – von den USA und von Europa. Er war der Mann des Westens im Nahen Osten. Kein Wunder, dass er sich bislang für so was wie unfehlbar hielt. Niemand von den großen Entscheidern auf der Weltbühne hatte ihm jemals ernsthaft etwas anderes gesagt.

Die Ägypter, die seit Tagen auf dem Tahrir-Platz ausharren, haben das übernommen. Sie wollen vor allem bezahlbare Lebensmittel, sichere Arbeit und eine Zukunft, die ihrer Ausbildung gerecht wird. Ja, und mehr Demokratie wollen sie auch. Mehr Mitsprache, so wie viele andere Menschen im Nahen Osten. Gerne wird dabei von einem „Flächenbrand“ oder „Krise“ gesprochen – besser wäre aber „Freiheitsbewegung“.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nicht ganz Unrecht, wenn sie zu einem langsamen, geordneten Übergang aufruft. Demokratie und ihre Mechanik wollen verankert sein, nicht aus der Tasche gezogen. Je schlechter sie sich etablieren, desto größer ist die Gefahr, dass Extremisten ihre Schwächen erkennen und die Macht übernehmen. Extremisten sind stets viel besser organisiert als die, die von Freiheit träumen. Zudem darf die muslimische Welt nicht das Gefühl bekommen, vom Westen aus gesteuert zu werden. Das wäre extrem kontraproduktiv. Nein, die Ägypter müssen ihren Weg selbst finden.

Mubarak scheint seinen Weg nun zu kennen: Abschied von der Macht. In Schritten. Die Meldungen, dass er nicht mehr Chef seiner Partei und schließlich nicht mehr ägyptischer Präsident ist, werden vermutlich nicht mehr lange auf sich warten lassen, sofern die Demonstranten standhaft bleiben. Für den Nahen Osten birgt das Chancen und Risiken. Die Chancen: Viele Menschen spüren, was möglich ist, wenn das Volk aufsteht. Die Risiken: Viele Machthaber spüren das auch. Und sie könnten die Zügel enger ziehen gegen die, die sie nicht mehr wollen.

Quelle: ntv.de

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