Zwischenruf Obama, master of flops
21.09.2013, 07:56 Uhr
Obama verweigert dem venezolanischen Präsidnenten Nicolás Maduro die Nutzung des amerikanischen Luftraums für einen Flug Nach Peking.
(Foto: dpa)
US-Präsident Obama verweigert Venezuelas Präsident Maduro die Überfluggenehmigung - und verliert damit außenpolitisch weiter an Vertrauen. Zugleich trägt er dazu bei, dass die Staaten Lateinamerikas ein weiteres, kleines Stück zusammenrücken. Und den USA mehr misstrauen.
Kein Präsident der USA wurde vor Amtsantritt so gepriesen wie Barack Obama. Und kaum ein anderer hat im Vergleich zu den Erwartungen außenpolitisch so viel Porzellan zerschlagen wie er. Das gilt auch für seine Lateinamerikapolitik. Jüngstes Beispiel: Die Verweigerung der Überflugrechte für Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro.

Durch Obamas Ansage wird das Verhältnis zwischen den USA und Venezuela weiterhin schwierig bleiben.
(Foto: REUTERS)
Man muss kein Freund der US-Regierung sein, um der Air Force One den Flug durch seinen Luftraum zu gestatten. Ebenso wenig muss man nicht mit der bolivarischen Revolution in Venezuela sympathisieren, wenn deren erster Mann um eine Überfluggenehmigung ersucht. Es gehört zu den normalen zwischenstaatlichen Gepflogenheiten, dieses Recht Regierungsvertretern und Staatsoberhäuptern einzuräumen.
Die Grundsätze für den zivilen Flugverkehr sind von der International Civil Aviation Organization (ICAO) geregelt und gehen auf ein 1944 in Chicago (sic!) unterzeichnetes Abkommen zurück. Der venezolanische Präsident hatte prüfen lassen, ob sein Flugzeug die als Außengebiet der USA geltende Karibikinsel Puerto Rico überqueren darf. Man wird nun ohne Zweifel eine alternative Route finden. Erreicht haben die Vereinigten Staaten im eigenen Interesse also rein gar nichts. Außer, dass die Obama-Administration die Staaten südlich des Río Grande ein weiteres Mal brüskiert hat.
Schon der auf Betreiben Washingtons verhinderte Flug der Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales durch den Luftraum von Frankreich, Spanien und Portugal im Juli war ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. Hätte Österreich nicht einer Notlandung wegen Treibstoffmangels auf dem Wiener Airport Schwechat zugestimmt, wären die Konsequenzen für Morales und seine Begleitung nur allzu vorhersehbar gewesen.
Bolivien und Venezuela haben sich die Errichtung eines Sozialismus des 21. Jahrhunderts auf die Fahnen geschrieben. Was natürlich keine Schritte dieser Art legitimiert. Aber selbst vor dem gemäßigt linken Brasilien und Mexiko, einem der wenigen Verbündeten der USA in der Region, schreckt die Arroganz der vermeintlichen Macht nicht zurück. So wurden die Telefonleitungen des mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto und dessen brasilianischer Amtskollegin Dilma Rousseff systematisch durch die National Security Agency (NSA) überwacht. Beide Länder bestellten die US-Botschafter ein, Rousseff sagte einen für Oktober geplanten Staatsbesuch in Washington ab.
Es gibt zwischen den Ländern Lateinamerikas eine schwer fassbare, ideologieübergreifende Solidarität und gegenüber dem Norden des amerikanischen Doppelkontinents ein manchmal diffuses Misstrauen. Jüngst hatte die Weigerung Obamas, dem damaligen sterbenskranken sozialistischen Präsidenten Venezuelas, Hugo Chávez, Genesungswünsche zu übermitteln, auch in konservativ regierten Ländern wie Kolumbien und Chile Befremden ausgelöst. Obama hat mit der Entscheidung gegen Venezuela wieder einmal gefloppt: Solidarität füreinander und Misstrauen gegen den Norden werden im Süden wachsen.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de