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Erfolgreiches Vabanquespiel Papandreous Rechnung

Giorgos Papandreou kämpft um sein Amt. Er verschafft sich etwas Luft.

Giorgos Papandreou kämpft um sein Amt. Er verschafft sich etwas Luft.

(Foto: REUTERS)

Griechenlands Regierung bleibt im Amt. Ministerpräsident Papandreou gewinnt die Vertrauensabstimmung. In Europas Hauptstädten herrscht Erleichterung. Nun muss nur noch das Sparpaket durch das Parlament. Papandreou muss die Griechen auf eine schwierige Reise mitnehmen.

Europa atmet auf: Dem vor dem finanziellen Kollaps stehenden Griechenland bleibt der politische GAU erspart. Ministerpräsident Giorgos Papandreou gewann nach einer turbulenten Parlamentssitzung die Vertrauensabstimmung. Die von seiner sozialistischen Pasok gestellte Regierung amtiert weiter.

Der 59-jährige Regierungschef erwies sich einmal mehr als gewiefter Taktiker. Trotz permanenter Belagerung des Parlaments durch tausende Demonstranten gelang es Papandreou, seine Partei auf Kurs zu halten. Das Bearbeiten wankelmütiger Abgeordneter war erfolgreich - Papandreous Rechnung ging auf. Durch die Stärkung seiner Position ist es nun sehr wahrscheinlich, dass das von EU, EZB und IWF geforderte neue Sparpaket mit einem Volumen von 28 Milliarden Euro in der kommenden Woche die parlamentarische Hürde nimmt. Erst dann erhält Griechenland die nächste geplante Finanzspritze von zwölf Milliarden Euro und kann damit vorerst einen Staatsbankrott abwenden.

Papandreous Sieg bei der Vertrauensabstimmung war alles andere als sicher. In der Pasok rumort es gewaltig. Von ursprünglich 160 Abgeordneten sind nur noch 155 übrig geblieben. Im 300 Abgeordnete fassenden Parlament bedeutet das eine dünne Mehrheit. Zudem war es Papandreou nicht gelungen, die Opposition in sein Sparboot zu holen. Die konservative Nea Dimokratia (ND) verweigerte sich vollständig. Bereits im Vorfeld hatte deren Chef Antonis Samaras die Bildung einer Großen Koalition mit der Pasok abgelehnt, obwohl Papandreou angeblich sogar zum Rücktritt bereit gewesen war. Durch die Reihen der ND-Abgeordneten waberte sogar das in dieser Situation irrsinnige Wort "Steuersenkung". Mit den Kommunisten - sie stellen im Athener Parlament die drittgrößte Fraktion - kann die Pasok nicht koalieren, weil sie die EU schlichtweg ablehnen. Nein, mit dieser Opposition ist derzeit kein Staat zu machen. So muss Papandreous Pasok das stark schwankende Schiff Griechenland alleine um die Klippen manövrieren.

Nur Sparen ist nicht die Lösung

Demonstranten vor dem Athener Parlamentsgebäude. Griechenland muss eine Perspektive haben.

Demonstranten vor dem Athener Parlamentsgebäude. Griechenland muss eine Perspektive haben.

(Foto: dpa)

In Brüssel, Berlin, Paris und Washington ist man erleichtert. Die europäischen Partner und der IWF setzen voll auf Papandreou. Endlich gebe es in Griechenland einen verantwortlichen Politiker, der die dort seit geraumer Zeit existierenden Missstände bekämpft, heißt es. Angela Merkel, Nicolas Sarkozy, Jean-Claude Juncker und ihre Mitstreiter müssten allerdings diplomatisch geschickter agieren als bisher, um den Ministerpräsidenten nicht als ihre Marionette erscheinen zu lassen. Ihr öffentlich geäußertes Lob für Papandreou kam bei den um ihre Würde ringenden Griechen gar nicht gut an.

Die Regierung ist zwar erst einmal gerettet. Dennoch bleiben die Probleme. Das ausgesprochene Vertrauen für Papandreou beendet die Massendemonstrationen und die Streiks nicht. Denn die Auflagen für die internationalen Finanzhilfen sind für die Griechen sehr hart und von den meisten nur mit allergrößter Mühe zu stemmen. Griechenland benötigt in seinem finanziellen Überlebenskampf eine Perspektive. Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück blickt bereits über den Tellerrand, wenn er einen Schuldenerlass und Investitionshilfen für Griechenland fordert. Sparen alleine reicht nicht, denn die griechische Wirtschaft geht dadurch noch mehr den Bach runter. Ein Teufelskreis, der unbedingt durchbrochen werden muss.

Respekt notwendig

Papandreou sitzt unterdessen an seinen Hausaufgaben. Der Staatsapparat muss effizienter arbeiten. Die Pflicht der Griechen, Steuern zu zahlen, bedarf einer Durchsetzung. Das heiße Eisen Verkauf von Staatsbesitz muss angepackt werden. Das ist schwierig genug. Denn welcher Investor halst sich einen Staatsbetrieb auf, der ständig bestreikt wird? Es gibt aber erste Erfolge: Dazu zählt der Kauf großer Teile des griechischen Telekommunikationskonzerns OTE durch die Deutsche Telekom. Die Chinesen sind im Hafen von Piräus aktiv.

Das antike Griechenland gilt als Wiege Europas, hat doch die Demokratie dort ihren Ursprung. So ist es die Pflicht der politischen Klasse Europas, das südeuropäische Land trotz seiner Probleme mit Respekt zu behandeln. Die Bewältigung der Schuldenkrise ist die bislang größte Herausforderung für die Länder der Euro-Zone und der gesamten EU. Sie muss - und das ist auch im Interesse aller Mitglieder - gelöst werden, ohne dass ein Land auf der Strecke bleibt. Gelingt dies, geht die Union gestärkt neuen Zeiten entgegen.

Quelle: ntv.de

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