Referendum in der Ostukraine Putin kann nur gewinnen
08.05.2014, 17:02 Uhr
Am Donnerstag überwachte Putin, hier mit Generalstabschef Waleri Gerassimow, eine Militärübung der russischen Atomstreitkräfte. Dabei wurden mehrere ballistische Raketen getestet.
(Foto: AP)
Es mag sein, dass Russlands Präsident Putin keinen Einfluss mehr auf die Separatisten in der Ostukraine hat. Dennoch steht der Sieger des Referendums dort schon fest. Es ist Putin selbst.
Das klingt vertraut. Russlands Präsident Wladimir Putin äußert einen Wunsch, doch die Separatisten in der Ostukraine lehnen die Erfüllung ab - sie wollen ihr Referendum über die Loslösung von der Ukraine nicht verschieben. Nach dem gleichen Muster war bereits die Freilassung der westlichen Militärbeobachter abgelaufen, die in Slawjansk als Geiseln festgehalten wurden: Putin sagte, er "hoffe", dass die Männer freigelassen würden. "Bürgermeister" Wjatscheslaw Ponomarjow verkündete daraufhin, seine Gruppe gehorche dem russischen Präsidenten nicht. Als die OSZE-Geiseln ein paar Tage später dennoch freigelassen wurden, betonte ein Sprecher Putins, Russland habe den Einfluss auf die Milizen verloren.
Viel spricht allerdings dafür, dass Putin durchaus Einfluss auf die Separatisten hat. Indem er die ukrainische Übergangsregierung illegitim nannte und vor Faschisten, Russlandfeinden und Antisemiten darin warnte, hat Putin die Separatisten ermutigt, sich von Kiew zu lösen. Mit der Abspaltung der Krim bot er ein Modell, dem die Separatisten in Donezk und Lugansk nun folgen. Nach Ausrufung der "Donzker Volksrepublik" warnte die russische Regierung Kiew davor, mit Gewalt gegen die Separatisten vorzugehen - obwohl sie wenige Monate zuvor mit Blick auf die Maidan-Demonstranten genau dies vom damaligen ukrainischen Präsidenten verlangt hatte. Auch die Zusammenziehung von Truppen an der Grenze zur Ukraine musste von den Separatisten als Unterstützung verstanden werden - Ponomarjow bat Moskau denn auch um die Entsendung von "Friedenstruppen". Putin hat sich diese Option stets ausdrücklich offengehalten.
Vorsicht ist geboten
Doch vielleicht hat der russische Präsident seinen Einfluss auf die Separatisten mittlerweile wirklich verloren. Für die Bewertung von Putins Aussagen ist es allerdings egal, ob er die Separatisten kontrolliert oder nicht. In jedem Fall sind seine Ankündigungen, Forderungen oder Hoffnungen mit Vorsicht zu genießen. Die Krimkrise hat gezeigt, dass Putin ein entspanntes Verhältnis zur Wahrheit hat. Über Wochen hatte Russland bestritten, dass die Truppen ohne Hoheitsabzeichen auf der Krim russische Soldaten seien. Später räumte Putin dies ganz nebenbei ein.
Bislang lief für Putin alles nach Plan. An die Krim denkt kaum noch jemand. Die Ukraine ist nachhaltig destabilisiert. Der Westen ist kurz davor, Russland schriftlich zu garantieren, dass sie niemals Mitglied der Nato werden wird. In Russland ist die Zustimmung zu seiner Politik groß, im Westen ist eine starke Minderheit der öffentlichen Meinung ebenfalls auf seiner Seite. Was immer jetzt passiert, Putin ist der Sieger: Hilft er mit, die Ukraine wieder zu befrieden, kann er sich der Dankbarkeit der EU sicher sein. Am Ende gibt sich die Ukraine vielleicht eine föderale Struktur, die Russland dauerhaften Einfluss auf das Land sichern würde. Im schlimmsten Fall - sprich: bei andauernder Instabilität - müsste Putin die Bezirke Donezk und Lugansk annektieren. Für den Westen ist die Ukrainekrise eine Herausforderung, ein echtes Dilemma. Für Putin ist es eine Win-Win-Situation.
Quelle: ntv.de