Zwischenruf Sarkozy: Der Kärcher ist zurück
12.03.2012, 14:35 Uhr
Im Kampf um eine zweite Amtszeit umgarnt der französische Präsident Nicolas Sarkozy die rechtsgerichtete Wählerschaft.
(Foto: dpa)
Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy bläst ins Horn der Rechtsextremen. Nur so glaubt er, in der ersten Runde der Präsidentenwahlen am 22. April seinen sozialistischen Herausforderer François Hollande besiegen zu können. Ein Kommentar von Manfred Bleskin.
Nicolas Sarkozy ist wieder der, welcher er war. Genauer: Er war eigentlich immer Populist, nur, dass er sich hin und wieder liberaler gab, wenn’s in den Kram passte. Jetzt wettert er gegen Europäer, die sich dem Liberalismus – dem politischen, nicht dem wirtschaftlichen – hingeben: Ausländer, Sozialschmarotzer, offene Grenzen und abgeschaffte Handelsschranken. Gegen die Linke wettert Sarkozy bei seinem bislang größten öffentlichen Auftritt im Wahlkampf nicht. Vielleicht lässt sich der eine oder die andere Sympathisant/in des gegnerischen Lagers ja auf die nationalistische Leimrute locken, die der Staatspräsident ausgelegt hat.
Die Zielgruppe aber sind jene gut 20 Prozent der Wähler, welche der rechtsextremen Anwärterin Marine Le Pen vom Front national zuneigen. Rassismus, Protektionismus, Nationalismus mit Anti-EU-Einsprengseln, das sind die Säulen des Wahlkampfs der Tochter des ultrarechten Parteigründers Jean-Marie Le Pen, den sie sogar wieder in ihre Kampagne einspannt. Papa war zuvor aus der Schusslinie genommen, weil die Tochter Stimmen aus der Mitte gewinnen wollte. Marine Le Pen fehlen aber noch die Unterschriften von knapp 50 der für eine Bewerbung erforderlichen 500 Unterschriften von Bürgermeistern oder anderen regionalen Würdenträgern. Da die Unterschriften öffentlich gemacht werden, scheuen sich viele davor, mit der selbsternannten Jeanne d’Arc in den rechtsextremen Topf geworfen zu werden.
Nun springt also Sarkozy auf den rechten Zug auf und übernimmt die Thesen seiner Konkurrentin vom rechten Rand. Ganz so, wie er dereinst als Innenminister die Problemvororte mit dem Kärcher "säubern" wollte, droht der Präsident jetzt mit der Kündigung des Schengener Abkommen, ruft zu einer Art "Kauft-nur-bei-Franzosen!"-Kampagne auf und preist das Planschen von Mann und Frau im selben Schwimmbecken als demokratische Errungenschaft.
Der verschärfte Rechtskurs ist die einzige Möglichkeit, den Urnengang am 22. April für sich zu entscheiden. Die Mehrheit der Franzosen hat die Nase voll von dem zappeligen Mann, der von einem Thema zum anderen springt, kaum etwas zu Ende bringt, den Volkstümlichen gibt und sonnenkönigliche Allüren an den Tag legt. Sarkozy genießt nur noch das Vertrauen von knapp 40 Prozent der Franzosen. 2007 zum Amtsantritt waren es knapp 60 Prozent. Der Kandidat der Sozialisten, François Hollande, liegt in den Umfragen seit Monaten vor dem Amtsinhaber. Manch einer ist von dem wenig charismatischen Mann gar nicht so überzeugt. Aber alles, nur nicht wieder Sarkozy, heißt es allenthalben.
Die Bundeskanzlerin ist nicht gut beraten, wenn sie sich weiter so offen gegen Hollande und für Sarkozy ausspricht. Erwähnt hat Sarkozy vor den rund 50.000 aus dem ganzen Land Angereisten respektive Herangekarrten in der Messehalle von Villepinte in Paris’ Norden aber weder "chère Angela" noch das "Modell Deutschland". Wenn einer in die nationalistische Vuvuzela stößt, braucht er keine deutsche Dirigentin.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist er Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de