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Zwischenruf Tomaten auf den Augen

50.000 Autos sind offenbar nicht plattgedrückt worden.

50.000 Autos sind offenbar nicht plattgedrückt worden.

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung hat so ihre Schwierigkeiten mit den Maßnahmen gegen die Krise. Das Bankenrettungspaket hat den Kreditfluss nicht in vollem Maße wiederbelebt, ein Großteil der Mittel aus dem Konjunkturpaket II kommt nicht bei den Bedürftigen an, die Arbeitslosigkeit steigt trotz der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes. Einzig die Automobilindustrie profitiert. Vor allem durch die Abwrackprämie, von der bislang eine halbe Million Menschen Gebrauch machten. Doch das ist ein Pyrrhussieg. Wenn die Prämie am 31. Dezember ausläuft, lässt die Nachfrage nach. Der Katzenjammer wird größer sein als der Silvesterkater am 1. Januar. Von den immensen Umweltschäden ganz zu schweigen.

Doch die Halden auf den Autofriedhöfen sind nicht so hoch wie Umweltschützer befürchtet hatten. Es sind mindestens 50.000 (!) Wracks weniger. Die Autos gelangten dank immenser krimineller nach Afrika und Osteuropa. Scheinbar wäre diese Zahl niemandem aufgefallen, wenn sich jetzt nicht der Bund Deutscher Kriminalbeamter zu Wort gemeldet hätte. Die Fälle wurden ja kriminalstatistisch überhaupt nicht erfasst. Im Frühjahr waren es erst 500. Gegenmaßnahmen der Bundesregierung erwiesen sich als unwirksam.

Die Frage sei erlaubt, ob die zuständigen Behörden Tomaten auf den Augen und Bohnen in die Ohr’n hatten. Mindestens 125 Millionen Euro sollen die Gangster verdient haben. Das fällt niemandem auf?

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück antwortet erwartungsgemäß mit dem Standardsatz, Missbrauch könne nie ganz ausgeschlossen werden. Das stimmt. Aber nicht in diesen Ausmaßen. Jetzt sollen die Fälle zurückverfolgt, Prämiengeld zurückverlangt werden. Eine Sisyphosarbeit. Irgendwann werden die Untersuchungen eingestellt. Und die Abwrackprämie ist Vergangenheit. Wie auch der Bundesfinanzminister, der das ganze Dilemma maßgeblich zu verantworten hat.

Manfred Bleskin

Manfred Bleskin

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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