Rüstung - das allzu fette Geschäft Von der Leyen muss sich von Lobby befreien
06.10.2014, 12:57 Uhr
2009 sollte die Bundeswehr die erste Maschinen des Typs A400M bekommen. Die Truppe wartet noch immer.
(Foto: AP Images)
Es braucht keine Wirtschaftsprüfer, um zu erkennen: Der Staat lässt sich von der Rüstungsindustrie übervorteilen. Mit ihrer Entscheidung, den Sachverstand Externer einzuholen, ist die Verteidigungsministerin trotzdem mutiger als ihre Vorgänger.
Das Verteidigungsministerium muss der Industrie auf Augenhöhe entgegentreten. Es muss darauf pochen, dass Rüstungskonzerne Liefertermine einhalten und Qualitätsanforderungen erfüllen. So weit, so richtig. Für diese Erkenntnis hätte es aber keine Studie externer Gutachter gebraucht. Trotzdem traf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor drei Monaten die richtige Entscheidung, als sie die Unternehmensberatung KPMG beauftragt hat, große Rüstungsprojekte zu überprüfen. Der Schritt könnte einen Mentalitätswandel einleiten.
Großprojekte wie der Airbus A400M zeigen überdeutlich, wie verquer das Verhältnis von Politik und Industrie in der Rüstung ist. Der Bund bestellte 2003 Dutzende dieser Transportmaschinen. Er vereinbarte mit Airbus erste Lieferungen im Jahr 2009. Doch bis heute steht keine Maschine im Dienst. Die Truppe muss sich noch bis November gedulden, dann bekommt sie ein Flugzeug, das eine Reihe von Fähigkeiten, die Airbus einst versprochen hatte, nicht erfüllt.
Die Folgen des Pannenprojekts sind dieser Tage nicht zu übersehen. Weil keine A400M-Flieger in den Hangars der Bundeswehr stehen, muss die Truppe bis zu 50 Jahre alte Transall-Maschinen einsetzen. Mit bekanntem Ergebnis: Ausbilder der Bundeswehr konnten nicht rechtzeitig in den Irak reisen, um die Gegner des Islamischen Staates (IS) an deutschen Waffensystemen zu trainieren. Eine Transall, die Hilfslieferungen in die Ebola-Gebiete in Westafrika transportieren sollte, strandete auf Gran Canaria.
Es hätte Klagen hageln müssen
Unter gewöhnlichen Geschäftspartnern hätte es Klagen gehagelt und unermessliche Schadenersatzforderungen. Nicht aber bei Bund und Waffenindustrie. Verteidigungsministerium und Teile der Truppe bilden seit eh und je einen Klüngel mit der Branche. Und der Staat lässt sich immer wieder mit einem Argument einlullen: dem Wirtschaftsstandort. Die Waffenkäufe und die Rüstungsexportpolitik des Staates ist geprägt von der Angst, der Rüstungsindustrie zu schaden. Weil der Bund deshalb die Interessen der Steuerzahler und die Moral immer wieder vernachlässigt, finden Rüstungsgeschäfte unter maximaler Intransparenz statt.
Von der Leyens Entscheidung, Externe einzubeziehen, bricht mit dieser Linie. Und durch den Prüfbericht, der ihrem Haus nun vorgelegt wird, setzt sie sich und den Bund endlich unter Druck, dieses unheilvolle Bündnis mit der Industrie zu beenden. Im Falle des A400M empfehlen die Wirtschaftsprüfer dem Verteidigungsministerium, Kompensationszahlungen einzufordern. Wenn die CDU-Politikerin diesen Schritt wagte und die Forderungen in einem realistischen Verhältnis zum Schaden stünden, wäre sie ihren Vorgängern schon einen riesigen Schritt voraus.
Quelle: ntv.de