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Zwischenruf Wenig mehr als ein Zeichen

Es hat lange gebraucht, bis der Groschen - oder besser der Cent - fiel: Ein gemeinsames Währungsgebiet braucht eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Probleme des Euro sind die schmerzhaften Nachwehen der Sturzgeburt des Euro. Der Vorschlag von Merkel und Sarkozy zur Bildung einer Wirtschaftsregierung kommt mindestens zwölf Jahre zu spät.

Bis der Vorschlag einer Wirtschaftsregierung Realität wird, wird noch viel Wasser Seine und Spree hinabfließen. Vom portugiesischen Tejo über die dazwischenliegenden Gewässer bis zur griechischen Mariza ganz zu schweigen. Bis alle Punkte des Vorschlagspakets von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy in Gesetzesform gegossen sind und die 17 Parlamente passiert haben, dürfte einige Zeit ins Land gehen.

Herman Van Rompuy - der richtige Mann an der Spitze einer europäischen Wirtschaftsregierung?

Herman Van Rompuy - der richtige Mann an der Spitze einer europäischen Wirtschaftsregierung?

(Foto: REUTERS)

Selbst für Frankreich ist nicht ausgeschlossen, dass sich eine Entscheidung bis nach den Parlamentswahlen Mitte nächsten Jahres hinauszögert. Insofern ist im Elysée-Palast zunächst einmal wenig mehr herausgekommen als ein Zeichen. Auch an die Märkte. Das diese aber nicht angenommen haben. Im Gegenteil: Der Deutsche Aktienindex brach ein, nachdem Sarkozy und der Gast aus Deutschland endlich einmal gemeinsam die uralte Forderung nach einer Transaktionssteuer vorgebracht hatten.

"Die Märkte" aber sind das Hauptproblem der Eurozone. Solange es bei viertelherzigen Schritten wie dem zeitweiligen Verkauf von Leerverkäufen bleibt, lachen sich die halbseidenen Hedgefonds ins Fäustchen. Solange sich dubiose Ratingagenturen anmaßen, über die finanzielle Glaubwürdigkeit von Staaten und schlussendlich über Menschgenschicksale zu befinden, nützt auch die beste Regierung nichts. Umso mehr, als fraglich ist, ob der für das Amt des Euro-Wirtschaftsministers vorgesehene Herman Van Rompuy die Idealbesetzung ist. Den farblosen Flamen nimmt schon jetzt als Präsident des Europäischen Rates keiner ernst. Vor dem resoluten Luxemburger Premier und Eurozonenchef Jean-Claude Juncker fürchtet sich wohl vor allem die deutsche Kanzlerin, auch, weil sich Juncker für die rasche Einführung von Eurobonds ausspricht.

Die Schuldenmacherei muss aufhören

Es ist schwer vorstellbar, dass der einem, sagen wir, italienischen oder auch deutschen und französischen, Regierungschef auf die Finger haut, wenn der im Wahlkampf mit Geld um sich wirft. Richtig ist: Die Schuldenmacherei als Regierungsprinzip muss aufhören, Schulden müssen abgebaut werden. Eine mit entsprechenden Vollmachten ausgestattete Institution muss darüber wachen. Doch solange bei den Kleinen gespart und bei den Großen sogar die Hühneraugen zugekniffen werden, kommt der Schuldenabbau nur schleppend voran und birgt die Gefahr schwerer sozialer Unruhen in sich. Solange "die Märkte" nicht an die Kandare genommen werden, nützt auch die beste europäische Wirtschaftsregierung nichts.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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