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Kommentar Ziele der PLO diskreditiert

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Die Eroberung des Gazastreifens durch die islamistische Hamas kann für die Palästinenser auch das Ende ihrer fünfzigjährigen Geschichte seit der Gründung der PLO bedeuten. Die Palästinensische Befreiungsorganisation strebte einen demokratischen Staat an, der sich in die Völkergemeinschaft integrieren sollte. Deshalb kämpfte Jassir Arafat für internationale Anerkennung auf diplomatischem Parkett in der UNO, bei der EU und bei den Amerikanern. Für diesen Zweck verwendete Methoden, Terroranschläge und Flugzeugentführungen, waren nicht nach jedermanns Geschmack. Am Ende ließ die PLO sich auf Verhandlungen mit Israel ein und akzeptierte die Gründung einer autonomen Selbstverwaltung. Das Ziel war ein Staat in Gaza und im Westjordanland.

Der Militärputsch der islamistischen Hamas, die Übernahme aller Regierungssymbole und die Zerschlagung der Autonomiepolizei sind eine klassische Form des Umsturzes. Im halben palästinensischen Territorium wurde nicht nur die angefeindete Fatah-Partei besiegt. Der Schlag richtet sich auch gegen die PLO als Dachorganisation aller politischen Gruppierungen. Die Hamas hat sich diesem Rahmen niemals unterworfen. Sie herrscht jetzt über ein Drittel aller Palästinenser. So kann die PLO nicht mehr behaupten, Vertreterin des ganzen Volkes zu sein. Die Hamas verweigert sich zudem den üblichen Regeln der Völkergemeinschaft. Nicht nur wegen ihres gewaltsamen Putsches, sondern weil sie alle „im Namen des Volkes“ abgeschlossenen Verträge verwirft.

Unter diesen Umständen erübrigt sich ein Friedensprozess und sogar die Vision eines palästinensischen Staates. Denn Hamas bewies mit ihrem Putsch, dass sie Demokratie nicht will und sogar gegen die Regeln eines gesitteten Zusammenlebens in einem Gemeinwesen mit brutaler Gewalt verstößt. Die Unterwerfung des Gazastreifens und die Verwandlung des ehemaligen Präsidentenpalais in eine Moschee bedeuten ein Ende dessen, was die palästinensische Nationalbewegung 50 Jahre lang erkämpft, aufgebaut und erträumt hat. Niemand kann heute mehr vorhersagen, wie sich die Zukunft der Palästinenser gestalten wird. Unter den jetzigen Umständen bringt es nichts, einen „politischen Horizont“ in den Raum zu stellen. Alle Visionen sind zertrümmert worden, eigenhändig, von Exponenten des modernen „politischen Islam“, von der „demokratisch gewählten“ Mehrheit des palästinensischen Volkes.

Quelle: ntv.de

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