"Ich wünsche es mir" SPD wirbt für die Ampel
16.09.2009, 07:09 UhrSPD-Chef Müntefering und Kanzlerkandidat Steinmeier streben nach der Bundestagswahl eine Koalition mit der FDP und den Grünen an. Schwarz-Gelb könne aufgehalten werden, erklärt Müntefering, zudem habe die FDP in einer Ampelkoalition ein größeres Alleinstellungsmerkmal. Einer erneuten Großen Koalition erteilt der SPD-Chef eine Absage.

Werben und Angreifen: Steinmeier will ein Bündnis mit der FDP, geißelt aber zugleich ihre Politik.
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In der Diskussion über mögliche Koalition nach der Bundestagswahl sprechen sich SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und sein Parteichef Franz Müntefering für die Bildung einer Ampelkoalition zusammen mit FDP und Grünen aus.
Müntefering verstärkte sein Werben um die FDP: "Ich bin überzeugt, dass die FDP weiß, dass sie in einer Koalition mit uns und den Grünen ein größeres Alleinstellungsmerkmal hätte, als wenn sie mit CDU und CSU unterwegs wäre", sagte der SPD-Vorsitzende der "Augsburger Allgemeinen". Auch Steinmeier sprach sich für eine Ampelkoalition aus. "Ich wünsche es mir", sagte Steinmeier der "Frankfurter Rundschau".
"Tür des Kanzleramts offen"

Voller Hoffnung: SPD-Chef Müntefering sieht Steinmeiers Chancen steigen.
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Der SPD-Chef stellte mögliche Gemeinsamkeiten für ein Ampelbündnis aus SPD, Grünen und FDP heraus: "In Sachen Bildungs-, Außen- und Innenpolitik, Menschenrechte und Datenschutz, kleine und mittlere Unternehmen könnten wir mit der FDP einiges bewegen." Eine Fortsetzung der Großen Koalition hingegen sei "aus demokratie-hygienischen Gründen auf Dauer nicht gut". Müntefering zeigte sich nach dem jüngsten TV-Duell zuversichtlich, dass bei der Bundestagwahl ein schwarz-gelbes Bündnis keine Mehrheit erhalten werde. "Das Duell hat schlagartig klar gemacht: Schwarz-Gelb kann aufgehalten werden", sagte Müntefering. In den vergangenen 14 Tagen sei der Vorsprung von Schwarz-Gelb "immer dünner geworden", fügte er hinzu. "Ein, zwei Prozentpunkte hin und her und Schwarz-Gelb hat keine Mehrheit: Dann ist die Tür des Kanzleramtes für Frank-Walter Steinmeier offen."

Heftig umworben: FDP-Chef Westerwelle strebt aber ein schwarz-gelbes Bündnis an.
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Steinmeier sagte, er wisse zwar, dass FDP-Parteichef Guido Westerwelle ein Bündnis mit der Union bevorzuge. "Soll er doch", sagte Steinmeier der "FR". Westerwelle übersehe allerdings, dass es keine Mehrheit für Schwarz-Gelb geben werde. Zugleich attackierte der SPD-Spitzenkandidat in dem Interview die Freien Demokraten massiv. Er halte es für falsch, dass die FDP "zu den alten Regeln des entfesselten Raubtier-Kapitalismus und der ungezügelten Finanzmärkte zurückkehren" wolle, sagte er. Steinmeier warf der FDP auch vor zu verhindern, "dass sich die Verursacher der Krise an den Kosten zur Bewältigung der Krise beteiligen müssen".
Absage an Schwarz-Rot
Müntefering erteilte zudem der Fortsetzung der Großen Koalition eine Absage und reagierte damit auf Aussagen von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der ebenso wie SPD-Fraktionschef Peter Struck die Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses nicht ausgeschlossen hatte. Steinbrück hatte eine Große Koalition als "kein Unglück" bewertet. Zwischen Union und SPD gebe es "mehr denn je" Gemeinsamkeiten, sagte er dem "Stern" zufolge bei einer Diskussion des Verlags Gruner + Jahr in Hamburg. Später ruderte der Finanzminister zurück. Die SPD kämpfe dafür, Schwarz-Gelb zu verhindern, betonte er in Berlin: "Wir suchen nicht die große Koalition, schließen sie aber nicht aus."
Fraktionschef Struck hatte der "Welt" betont, Große Koalitionen sollten "immer eine Ausnahme bleiben". Eine Fortsetzung der großen Koalition sei aber "nicht ausgeschlossen".
Die Äußerungen Steinbrücks hatten bei der Opposition Empörung ausgelöst. Die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast sah darin eine "politische Bankrotterklärung". Steinbrück habe sich offenbar auf der Couch von Merkel häuslich eingerichtet. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warf der SPD vor, sie habe sich mit der Juniorrolle unter Merkel bequem eingerichtet. Der Vizechef der Linken, Klaus Ernst, wertete Steinbrücks Äußerungen als eine "Aufgabe-Erklärung".
Steinmeier holt auf
Der Linke-Vorsitzende Oskar Lafontaine bestritten unterdessen, dass seine Partei vorrangig die SPD bekämpfe. "Wir wollen Schwarz- Gelb verhindern. Das haben wir 2005 schon mal geschafft", sagte er der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung". "Der Eindruck, wir wollten die SPD klein machen, ist falsch."
Nach einem Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" holt SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier bei Kompetenz- und Sympathiewerten gegenüber Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spürbar auf. So habe eine Umfrage des Instituts Omniquest für die Zeitung am Tag nach dem Fernsehduell ergeben, dass 51,1 Prozent der Deutschen Steinmeier eine hohe Wirtschaftskompetenz zumessen. Das sei ein Plus von fast acht Punkten im Vergleich zum Vormonat. Merkel erreiche 60,8 Prozent.
Quelle: ntv.de, tis/AFP/dpa