Wird der Termin jetzt in Stein gemeißelt? BER macht Berlin "unsexy"
04.09.2012, 22:06 UhrDie Eröffnung des Berliner Großflughafens verzögert sich wohl ein weiteres Mal. Und zwar auf Herbst 2013. "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit" heißt jetzt die Devise. Besucher und Bewohner finden es zunehmend "unsexy", wenn Urlaubs- und Dienstreisepläne verschoben werden müssen. Und auch die Presse drischt fröhlich auf die Verantwortlichen ein. Vor allem die regionalen Blätter sind mächtig in Form.

Am Berlin Brandenburg Airport Willy Brandt in Schönefeld landet so schnell nichts und niemand.
(Foto: dpa)
So meint die Lausitzer Rundschau, dass es noch viel schlimmer kommen könnte: "Das wirklich Allerschlimmste ist die Ursache für die neueste Verzögerung: die fehlenden Pläne. So lange selbst Chefplaner Horst Amann keinen Überblick über die Baustelle bekommen kann, weil die Unterlagen fehlen, so lange wird auch jede Information über den weiteren Fortgang des Bauprojekts nur provisorisch sein. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Flughafen erst 2014 öffnet oder 2015 oder passenderweise am 31. Oktober 2017, zum 500. Jahrestag der Reformation. Streng genommen stochern alle, die sich heute zum Flughafen äußern, wie wild im Nebel herum - wie lange es am Ende wirklich dauern wird, kann ohne Pläne niemand verbindlich sagen. Nur dass es immer noch einmal schlimmer kommen wird, davon kann man beim BER schon heute sicher ausgehen."
Um das Ansehen der Region sorgt sich die Berliner Zeitung und schreibt: "Um der berechtigten Kritik - und dem teils übertriebenen Spott aus dem Rest der Republik - den Boden zu entziehen, müssten die politisch Verantwortlichen endlich das tun, was ihnen qua Amt obliegt: die politische Verantwortung übernehmen. Nicht indem sie zurücktreten als Landespolitiker oder Aufsichtsräte, wie es einige aus der Opposition fordern. Sondern indem sie aufhören, rückblickend oder vorausdenkend Sündenböcke zu suchen. Wowereit und Platzeck sollten klarstellen: Der Termin Oktober 2013 ist unser Termin - wenn auch der nicht zu halten ist, ziehen wir die Konsequenz und treten ab."
Die Märkische Allgemeine sieht indes Planer in der Pflicht: "In der jetzigen Situation ist nur der neue Technikchef Horst Amann in der Lage zu sagen, wo es künftig langgeht. Er hat sich in den vergangenen Wochen durch Akten gewühlt und die Baustelle mit all ihren Mängeln studiert. Hoffentlich hat Amann wirklich alle Leichen aus dem Keller geholt. Denn bei aller Sympathie für den Macher vom Frankfurter Flughafen wird der Termin, den er am Freitag nennt, in Stein gemeißelt. Wird der auch nicht gehalten, bleibt politisch kein Stein auf dem anderen."
Mit missratenen Großbaustellen kennt sich auch Stuttgart aus. Die Kommentatoren der Stuttgarter Zeitung blicken denn auch kritisch auf die voraussichtliche Verschiebung des Eröffnungstermins für den BER: "Bereits vor seiner Eröffnung ist der Hauptstadtflughafen ein Milliardengrab für alle bundesdeutschen Steuerzahler. Das Skandalprojekt offenbart seit langem, dass es auch in Deutschland gewaltige Defizite bei der Umsetzung großer Infrastrukturprojekte gibt - und zwar auf allen Ebenen. Die Genehmigungsverfahren müssen gestrafft und die Entscheidungsprozesse überprüfbarer werden."
Der General-Anzeiger kennt keinen Pardon mit den Verantwortlichen und verlangt ultimativ: "Jetzt sind Planer, Flughafenverantwortliche und die Männer von der Aufsicht, Klaus Wowereit (Berlin), Matthias Platzeck (Brandenburg) und Peter Ramsauer (Bund), in der Pflicht, endlich saubere Arbeit abzuliefern. Diesen vierten Starttermin dürfen sie nicht auch noch versemmeln. Oder alle drei müssen gehen. Für eine derartige Panne gäbe es keine Ausrede dieser Welt mehr."
Bei den Badischen Neuesten Nachrichten sorgt man sich natürlich in erster Linie ums Geld: "Der Großflughafen sollte ursprünglich die Steuerzahler keinen Cent kosten, sondern von privaten Investoren errichtet werden; als diese ihre ersten Berechnungen vorlegten, glaubte die Politik es besser und vor allem billiger machen zu können. Welche Hybris, welch ein verheerender Irrtum. Und kein Einzelfall bei einem öffentlichen Großprojekt."
Ins selbe Horn stößt die Volksstimme: "Die Kosten des Baus haben sich auf mehr als vier Milliarden Euro verdoppelt, Steuergelder werden durch die katastrophale Planung verschwendet, die Eröffnung verzögert sich um mehr als ein Jahr. Wann wachen die Abgeordneten in den Parlamenten in Berlin und Potsdam endlich auf und ziehen Platzeck und Wowereit zur Verantwortung? Kurt Beck musste sich in Rheinland-Pfalz nach dem Nürburgring-Debakel zumindest einem Misstrauensvotum stellen.
In Straubinger Tagblatt und der Landshuter Zeitung darf die Frage gestellt werden: "Warum muss die öffentliche Hand Flughäfen bauen und betreiben? Sind sie wirtschaftlich erfolgreich, stellen sie für ihre Eigentümer wahre Gelddruckmaschinen dar. Geht es hingegen schief, wie derzeit in Berlin-Brandenburg oder in Hahn in Rheinland-Pfalz, wird es richtig teuer - für die Steuerzahler."
Zusammengestellt von Peter Richter
Quelle: ntv.de