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CDU muss nach Stuttgart Wunden lecken "Bis zum Hals im Wasser"

Die Grünen haben's geschafft.

Die Grünen haben's geschafft.

(Foto: dpa)

Mit Fritz Kuhn bekommt Stuttgart als erste Landeshauptstadt einen grünen Oberbürgermeister – die Partei feiert ihren Erfolg. Die CDU hingegen hat nichts zu lachen. Der Ausgang der Wahl zeige deutlich, dass ihr "zu den Problemen, die moderne Großstädter quälen", schlichtweg nichts einfalle, meint n-tv.de. Auch die Kommentatoren der Zeitungen attestieren der CDU gravierende Defizite. Ihr Konzept ähnelt eher dem Hase-und-Igel-Prinzip. Aber nicht nur das hat sie in Stuttgart scheitern lassen.

"Im Südwesten hat erst eine Sonderkonstellation den Erdrutschsieg der Grünen ermöglicht", schreibt der Münchner Merkur: "Hier Winfried Kretschmann und Fritz Kuhn, grüne Persönlichkeiten, die so ganz und gar nichts gemein haben mit den in der Gesamtpartei tonangebenden 'Linken' Trittin, Künast und Roth. Und dort der totale Zusammenbruch der Landes-CDU, ihre Arroganz im Umgang mit den Stuttgart-21-Gegnern und, am katastrophalsten, der Skandal um den von einer Großbank ferngesteuerten Ex-Ministerpräsidenten Mappus." Das Fazit der Zeitung ist eindeutig: "Nirgendwo sonst sind die Grünen so 'schwarz' wie in Baden-Württemberg - und nirgendwo sonst sind die Schwarzen so doof."

Mit einem grünen Oberbürgermeister in Stuttgart sei allerdings nicht "das Ende der 'Bürgerlichkeit'" in Baden-Württemberg ausgerufen, meint daher auch die Emder Zeitung, sie müsse nur neu definiert werden. "Die Grünen haben das geschafft. Sie haben den Begriff für sich erobert, nachdem er in ihren Kreisen lange verpönt gewesen war. Die bürgerliche Werteskala wurde entrümpelt, sie wurde alternativ und ökologisch aufgefrischt." Für die Union sei das viel zu schnell gegangen, "sie hat den Wandel im Lebensgefühl vieler Bürger schlicht und ergreifend verpasst."

Dass die Grünen, wie Kuhn nach seinem Wahlsieg feststellte, "breit ins Bürgertum eingedrungen" seien, findet die Stuttgarter Zeitung nicht weiter verwunderlich, denn "die Grünen sind ihm ja auch entsprungen. Mochten sie sich in ihrer Geschichte gerne antibürgerlich geben, sie gehörten doch immer dazu. So gesehen ist das, was sich in Baden-Württemberg bei der Landtagswahl und nun auch bei der OB-Wahl abspielte, allenfalls eine Heimkehr ins angestammte Milieu."

Daran anschließend meint die Rhein-Neckar-Zeitung erkannt zu haben, warum Kuhn in Stuttgart überzeugen konnte: "Gerade weil die Grünen im Südwesten fast genauso behäbig daherkommen, wie einst Erwin Teufel, bilden sie diese Gesellschaft mit einem breiteren Spektrum ab, als das die CDU derzeit vermag. In Baden-Württemberg ist die CDU mit Politik-Prototypen wie Günther Oettinger oder Stefan Mappus entwicklungsgesellschaftlich stehen geblieben im Deutschland der 80er Jahre."

"Wenn die Wellen der Veränderung wirklich von den Großstädten aus übers Land rollen, muss die CDU darauf gefasst sein, bald bis zum Hals im Wasser zu stehen", kommentiert die Süddeutsche Zeitung. "Die alte Volkspartei kommt dem Volk nicht mehr hinterher; die Partei der Heimatliebe ist in wichtigen Teilen ihres Landes nicht mehr daheim. Sie hält nur noch drei Landeshauptstädte. In den Metropolen fehlt ihr alles: Personal und Konzept. Es wirkt eher wie Zufall, wenn mal ein Schwarzer die neue Buntheit der Gesellschaft repräsentiert wie in Hamburg einst Ole von Beust. Und wenn ein CDU-Mann mal ein gutes Konzept hat für Integration, Kinderbetreuung und andere urbane Bedürfnisse, wie der scheidende Stuttgarter OB Wolfgang Schuster: dann fehlt ihm die Lust, das einhergehende Lebensgefühl zum Gefallen der Wählerschaft auch zu verkörpern."

Auch die Ludwigsburger Kreiszeitung stellt fest, dass die CDU oft erst dann in der Modernität ankomme, wenn andere längst dort seien – "es ist wie mit Hase und Igel. Es fehlen die eigenen, klaren Akzente, die im großstädtischen Milieu Beachtung finden könnten. Und gibt es dann doch welche, werden sie meist in einem innerparteilichen Richtungsstreit zerrieben."

Quelle: ntv.de

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