Pressestimmen

Streit um die Sicherungsverwahrung "Brauchen rechtsfeste Lösung"

"Notorisches Koalitions-Hickhack" auch in der Debatte um die Sicherungsverwahrung: Der Ton zwischen Union und FDP verschärft sich, eine Lösung ist jedoch weiterhin nicht in Sicht. Neben der Sache an sich, geht es Politik und Wahlkämpfern bei diesem heiklen Thema wohl auch um Profilierung.

Fußfessel oder doch Spezialheime? Die Regierungskoalition kommt in Fragen der Sicherungsverwahrung nicht auf einen gemeinsamen Nenner.

Fußfessel oder doch Spezialheime? Die Regierungskoalition kommt in Fragen der Sicherungsverwahrung nicht auf einen gemeinsamen Nenner.

(Foto: dpa)

"Die Forderung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, gefährliche Sexualstraftäter gehörten weggesperrt und zwar für immer, wie ein 1998 erlassenes entsprechendes Gesetz sprechen noch heute den meisten Menschen aus der Seele, halten aber den Prinzipien eines Rechtsstaats nicht stand", betont die Berliner Morgenpost. "Denn nicht nur das Leben generell steckt voller Risiken. Auch ein Rechtsstaat kann keinen totalen Schutz gewähren. Es widerspräche ihm sogar. Weil in einer Demokratie, die immer auf Rechtsstaatlichkeit basiert, stets zwischen individuellem Freiheitsrecht und Schutz für jedermann abzuwägen ist. Das ist oft schwer zu ertragen. Aber wir müssen damit leben. Denn was immer die Politiker versprechen - lösen können auch sie das Problem nicht. Sie können es allenfalls entschärfen."

Für die Dithmarsche Landeszeitung aus Heide ist klar, welcher der beiden Ansprüche Vorrang hat: "Falls sich bei einem einsitzenden Schwerverbrecher während der Haft herausstellt, dass nach der Entlassung ein relativ hohes Risiko einer erneuten Straftat besteht, dann muss es möglich sein, das Urteil zu korrigieren und den Häftling (noch) nicht auf freien Fuß zu setzen. Der Anspruch der Allgemeinheit auf möglichst weitgehenden Schutz vor mit gewisser Wahrscheinlichkeit rückfällig werdenden Straftätern wiegt schwerer als deren Anspruch auf Freiheit. Es muss dafür gesorgt werden, dass gefährliche Straftäter hinter Schloss und Riegel bleiben."

"Der Täter hat es selbst in der Hand, was aus ihm wird", kommentieren die Stuttgarter Nachrichten. "Der Druck auf ihn wird hoffentlich steigen, sich Therapien nicht länger zu widersetzen und die Chance zur Reintegration zu nutzen. Andernfalls rückt die Entlassung in weite Ferne." Das Blatt fordert eine schnelle Umsetzung einer neuen Regelung. "Denn auch sie steht unter erheblichem Druck: mit jedem entlassenen Straftäter, der sonst auf freien Fuß kommen muss."

"Union und FDP haben lange der Versuchung widerstanden das komplizierte Thema Sicherungsverwahrung auf die Ebene der Parteipolitik zu ziehen. Mit dieser Zurückhaltung scheint es jetzt vorbei zu sein", glauben die Lübecker Nachrichten. "Die Fronten verhärten sich." Vor allem von der Union,  die "das Sicherheitsversprechen an die Bürger zur ihrem Markenkern" zähle, komme die neue Schärfe. "Weil manche in ihren Reihen murren, das Ur-Christdemokratische käme zu kurz, ist die Debatte über die Sicherungsverwahrung offenbar willkommen. Spätestens wenn ein Generalsekretär das Thema an sich zieht, geht es neben der Sache auch um Profilierung."

"De Maizières Vorschlag, die Freigelassenen möglichst umgehend wieder in Spezialgefängnisse zu stecken, ist zwar populär", schreibt die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine, er ändere jedoch nichts am rechtlichen Problem. "Wir brauchen eine rechtsfeste Lösung: Gründlich muss sie sein, nicht nur schnell." Die Zeitung aus Kassel sieht diese in der von der Justizministerin vorgeschlagenen Gesetzesänderung: "Nichts spricht dagegen, dies auch schnell umzusetzen. Außer das notorische Koalitions-Hickhack. Und das verärgerte Volk? Es muss sich wohl oder übel an den Grundsatz erinnern lassen, dass nach rechtskräftigem Urteil niemand in derselben Sache noch einmal bestraft werden darf - auch wenn die wunde Seele und mancher Wahlkämpfer noch so sehr danach schreien."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig

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