Euro-Krise und kein Ende "Braut sich was zusammen"
31.07.2012, 20:59 Uhr
Sollte die ihre Möglichkeiten zum unbegrenzten Gelddrucken nutzen, um Staatsanleihen finanzschwacher Länder zu kaufen? Europa streitet noch immer um den richtigen Weg aus der Krise, und die deutsche Presse ist sich in einem Punkt weitgehend einig: Die Euro-Krise strebt auf einen neuen Höhepunkt zu.
Die Wetzlarer Neue Zeitung sieht noch lange kein Licht am Ende des Tunnels: "Nein, die Euro-Krise neigt sich nicht etwa dem Ende zu, sie scheint gerade erst richtig Fahrt aufzunehmen. Dabei werden die Vorschläge immer alberner. Sei es, dass Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn die Europäische Zentralbank (EZB) wegen möglicher Anleihekäufe verklagen will. Oder sei es, dass der Euro-Schutzschirm künftig grenzenlos sein soll - also ein Freibrief zum Schuldenmachen, auch wenn die Befürworter das bestreiten. Beide Vorschläge, so gegensätzlich sie sind, haben eines gemeinsam: Sie sind der Tatsache geschuldet, dass die Kanzlerin in der Sommerfrische weilt. Und wenn der Chef - oder die Chefin - im Urlaub ist, tanzen die Mäuse bekanntlich auf den Tischen."
Auch die Mitteldeutsche Zeitung glaubt nicht an ein baldiges gutes Ende der Krise: "Warum überschlagen sich die Meldungen, die alle das mulmige Gefühl hierzulande erzeugen, dass ein erneuter Tabubruch bevorsteht? Dass die Europäische Zentralbank (EZB) erneut Staatsanleihen kaufen wird? Weil die Eurokrise auf einen neuen Höhepunkt zustrebt, allen Rettungsanstrengungen zum Trotz. Weil die ganze Welt Angst hat, dass die Lösung der Krise noch einmal an den deutschen ordnungspolitischen Vorstellungen, vor allem der, die Notenbank dürfe keine Staatsanleihen kaufen, scheitern wird. Und dass die Euro-Krise alle ansteckt. Doch auch hierzulande deuten die Frühindikatoren inzwischen auf Rezession hin. Denn die Wirtschaft Eurolands ist in einer Spirale gefangen, die sie nach unten zieht."
Die Rhein-Main-Zeitung stellt angesichts der Krise die Grundsatzfrage: "Letztlich ist das Ganze nur ein Versuch, den Anschein zu wahren, dass in der Euro-Zone zumindest die Reste der einst vereinbarten Regeln noch eingehalten werden: Wird der ESM de facto zum Staatsfinanzierer, muss zumindest die EZB diese Rolle nicht einnehmen. Doch natürlich ist das reine Augenwischerei: Ob die Zentralbank nun direkt gegen ein ehernes Grundprinzip verstößt oder indirekt, spielt ökonomisch keine entscheidende Rolle. Je näher die Entscheidung über den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone rückt - sie ist der Grund für die Nervosität dieser Sommertage -, desto drängender stellt sich die Frage: Wollen wir den Euro tatsächlich um jeden Preis - oder wollen wir weiterhin eine Währung haben, die in der Stabilitätstradition der D-Mark steht?"
"Gegen Deutschland braut sich was zusammen", warnt die Landeszeitung aus Lüneburg. "Unter Mitwirkung des französischen Präsidenten bildet sich eine südeuropäische Allianz, die die EZB umzufunktionieren gedenkt in einen ungenierten, ohne jedes Limit versehenen Anleihen-Käufer. Die Krönung der Dreistigkeit liefern bei dem unseligen Unterfangen spanische wie luxemburgische Politiker, die Deutschland mangelnde Solidarität unterstellen - als ob nicht schon heute Deutschland die Hauptlast tragen würde an all den Rettungsschirmen und Hilfspaketen. Und wer Deutschland hinstellt als eigentlichen Kern der Krise, der übersieht entweder die eigenen Haushaltslöcher oder macht einfach nur populistisch Stimmung gegen die starke Hand, die doch retten soll, was vielleicht nicht mehr zu retten ist.
Die Märkische Oderzeitung streicht besonders die Gefahren für Deutschland heraus: "Vom weiteren Verlauf der Ereignisse in den Mittelmeerländern, auch in Frankreich, dürften denn auch die größten Gefahren für die deutsche Wirtschaft zu erwarten sein. Denn der Weltmarkt ist für Deutschland trotz China zur guten Hälfte Europa. Allein daraus sollte ersichtlich sein, wie sehr die Überwindung der europäischen Krise im deutschen Interesse liegt."
Der Mannheimer Morgen betont ebenfalls die Risiken für die Bundesrepublik. "Weil die kranken Südstaaten mit ihrer Haushaltskonsolidierung nicht vorankommen und somit dem Druck der Märkte ausgesetzt sind, soll nun die Europäische Zentralbank als Retterin in der Not sämtliche Probleme lösen, jedoch ohne jegliche parlamentarische Kontrolle und Legitimation durch die Haftungsländer. Und dies letztendlich zu Lasten der Steuerzahler, denn allein Deutschland steht für die EZB-Risiken mit einem Löwenanteil von schon jetzt 29 Prozent gerade. Aber die Finanzkraft selbst der Bundesrepublik ist ja nicht unerschöpflich. Irgendwann könnte auch der Retter in die Knie gehen. Europa muss wissen, dass Deutschland nicht der Goldesel ist, den man auch noch prügeln darf.
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Thomas E. Schmidt