Rechter Terrorismus in Deutschland? "Der Staat hat skandalös versagt"
11.11.2011, 20:22 UhrDie mutmaßlichen Mörder der Heilbronner Polizistin sind offenbar auch für die Mord-Serie an türkischen und griechischen Kleinunternehmern verantwortlich. Der mysteriöse Fall nimmt Dimensionen an, die einen offenbar unterschätzen rechten Terrorismus in Deutschland vermuten lassen. Der Staat und seine Sicherheitspolitik haben einen "gefährlichen Tunnelblick" an den Tag gelegt und in ihrer einseitigen Fokussierung auf Gefahren von links versagt. Das darf nicht folgenlos bleiben.
"Die Neigung konservativer Politiker, das rechtsextreme Gewaltpotenzial gegen das von Linksextremen und Islamisten aufzurechnen, trübt den Blick für eine zentrale Erkenntnis. Wir stehen nicht vor einer rechtsextremen Terrorwelle, aber von Neonazis ging und geht eine Bedrohung für diesen Staat und seine Bürger aus", mahnt der Kölner Stadt-Anzeiger. "Wer die Erkenntnisse aus Zwickau dafür erst noch als Beweis brauchte, dem ist nicht mehr zu helfen."
"Es gibt den dringenden Verdacht, dass in Deutschland Terroristen agieren, die ihr übles Gedankengut aus dem rechtsextremen Spektrum beziehen. Das ist neu in einem Land, das jahrzehntelang gewohnt war, den Feind unreflektiert in erster Linie im linken Lager zu verorten. Die jüngsten Erkenntnisse sind ein dringender Appell, jene Devise zu überdenken, die der ehemalige Innenminister Thomas de Maizière ausgegeben hatte, als er die Aufmerksamkeit vor allem auf die linke Szene lenkte", meint auch die Ulmer Südwest-Presse und fordert Konsequenzen: "Ebenso auf den Prüfstand gehören die Kürzungen, die in den vergangenen Jahren gesellschaftliche Projekte gegen den Rechtsextremismus erleiden mussten - ein gefährlicher Tunnelblick, der sich noch rächen könnte."
"Alleine die Existenz der Thüringer Terror-Trios (vielleicht ist die Gruppe auch größer?) zeigt übrigens, dass der Staat skandalös versagt hat", kommentiert die Rhein-Neckar-Zeitung. "Zum einen, weil sich die Drei jahrelang in einem relativ kleinen Bundesland verstecken konnten. Zum anderen, weil sich deutsche Sicherheitspolitik seit mittlerweile zehn Jahren einseitig auf die Gefahr islamistisch motivierter Anschläge fokussierte. Höchste Zeit, wieder alle Staatsfeinde gleichermaßen ins Visier zu nehmen."
"Eine RAF von ultrarechts? (...) Gibt es möglicherweise sogar Hintermänner, Helfershelfer, ein Terror-Netzwerk? Oder hat das Zwickauer Trio auf eigene Rechnung operiert, hassgesteuert, kaltblütig, gnadenlos?" Der Schwarzwälder Bote fordert: "Politik und Behörden müssen jetzt besonnen reagieren. Aber entschlossen. Sparen kann man sich Phrasen darüber, wer auf welchem Auge blind gewesen sein mag. Wichtig ist hohe Aufmerksamkeit für die Gefahren einer offenkundig unterschätzten Dimension blindwütiger Gewalt."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Nadin Härtwig