Regierungserklärung der Kanzlerin "Die Geschichte vom glücklichen 'Weiter so'"
29.01.2014, 21:31 Uhr
Vier Monate nach der Wahl trägt Angela Merkel ihre Regierungserklärung im Bundestag vor. Nach Ansicht der deutschen Tageszeitungen ist ihre Rede vor allem eines: einfallslos. Und damit genau das, was das Volk sich von ihr erwünscht.
Die Stuttgarter Zeitung fragt sich: "War das eine neu verfasste Rede? Oder hat Kanzlerin Angela Merkel ins Regal mit schwarz-gelben Manuskripten gegriffen?" Das Blatt meint: "Gut, das Soziale betonte sie angesichts der neuen Kleiderordnung stärker. Und auch die Herausforderung der Energiewende hob sie hervor. Ansonsten: kein neuer Akzent, keine Pointe. Stattdessen Allgemeinplätze, ein leidenschaftsloses Bekenntnis zu Europa und etwas Kritik an den Vereinigten Staaten wegen der NSA-Affäre. Es bleibt ein Rätsel, wohin mit ihr die Reise schon an der nächsten Kreuzung gehen soll. Merkel bleibt Frau Ungefähr."
Auch das Handelsblatt aus Düsseldorf ist sich sicher: "Von der Regierungserklärung der Kanzlerin dürfte nicht allzu viel in Erinnerung bleiben. Es war nicht viel darüber zu erfahren, wie Merkel sich die Zukunft des Landes vorstellt. Vielleicht stellt sich Merkel einfach die Frage, warum sie sich in wirtschaftlich guten Zeiten die Mühe einer Agenda 2020 antun soll. Die Kanzlerin erwähnte lieber die Geschäftsbereiche aller Minister und stellte sich hinter die Energiewende des Schattenkanzlers Sigmar Gabriel. In Fahrt kam sie nur, als sie den Vertrauensbruch durch die US-Geheimdienste beklagte."
Die Mittelbayerische Zeitung aus Regensburg stellt fest: "Die Kanzlerin bietet politisch solide Hausfrauenkost. Rinderroulade mit Rotkraut statt eines raffiniert zusammengestellten Fünf-Gänge-Menüs. Man kann die Inhalte und die Präsentation des Merkelschen Regierungsprogramms eintönig und einfallslos nennen. Oder aber beständig und zuverlässig. Im Zweifel entscheidet sich eine große Mehrheit der Deutschen für Merkels Hausmannskost, für Bewährtes, mit höchstens kleinen Änderungen. Dramatische Veränderungen werden eher abgelehnt. Merkel hat das verstanden. Darin liegt ihr Erfolgsrezept. Auch wenn es so furchtbar langweilig klingt."
Auch die Frankfurter Rundschau sieht "das Geheimnis des Merkel'schen Erfolges" in einem "weit verbreiteten Bedürfnis, in Ruhe gelassen zu werden": "Für alle, die spüren, dass es so wie bisher auf Dauer nicht gutgehen kann, gibt es die Geschichte vom glücklichen 'Weiter so' frei Haus und ohne Rezeptgebühr." Doch die Zeitung meint auch: "Aber die Kanzlerin ist zu klug, um nicht zu wissen, dass wirtschaftliche Ungleichgewichte wie der maßlose deutsche Exportüberschuss die vermeintliche Stabilität zu gefährden drohen. Ja, Deutschland geht es gut. Und es ist dabei, den Moment zu verschlafen, in dem dafür zu sorgen wäre, dass es so bleibt."
Mit ihrer Aussage, das Internet solle eine Verheißung bleiben, gab die Kanzlerin nach Ansicht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung "ihrer dritten Kanzlerschaft endlich ein Motto, das beileibe nicht auf die digitale Welt beschränkt ist." Denn, so findet die Zeitung: "das schwarz-rote Bündnis steht für ein Bündel von - natürlich wunderbaren - Verheißungen, deren wichtigste lautet, dass die Deutschen frohen Mutes in die Zukunft blicken könnten, weil in dieser Koalition die Mächte des Guten zusammengefunden hätten: die Wirtschaftskompetenz der Union mit dem sozialen Gewissen der Sozialdemokratie. Diese Verbindung nennt man hierzulande auch soziale Marktwirtschaft, und die "Groko" versteht sich gleichsam als deren Verkörperung.
Zusammengestellt von Laura Kleiner
Quelle: ntv.de