Pressestimmen

In Teheran fließt Blut "Die Zukunft ist schon verloren"

Immer panischer reagieren die "(noch) Mächtigen" und es schwindet die Hoffnung auf eine friedliche Revolution. Ob das Regime vor seinem Ende steht - da ist sich die Presse nicht einig. Was fehlt, sind Alternativen. 

Der Ton auf Teherans Straßen wird rauer.

Der Ton auf Teherans Straßen wird rauer.

(Foto: REUTERS)

So schell werde das iranische Regime nicht fallen, ist die Süddeutsche Zeitung überzeugt, auch wenn "in den Straßen Teherans noch mehr Blut fließt". Der Grund dafür sei das Interesse, das "breite und mächtige Schichten" an seinem Bestand hätten. Das Blatt aus München benennt sie: "Das Millionenheer der kleinen Pfründner, dem die prügelnden Bassidsch-Milizionäre entstammen, die Revolutionsgarden, denen mittlerweile große Bereiche des Staates und der Wirtschaft gehören. Sie alle haben Macht und wirtschaftliche Privilegien zu verteidigen und werden diese nicht preisgeben, bloß weil dauernde Unruhen es immer offensichtlicher machen, dass sie die Legitimität und die Beliebtheit beim Volk verloren haben." Zudem fehlten der Protestbewegung eine Organisation und eine Führung, "die von allen anerkannt wird: von kritischen Klerikern wie von den vielen, die sich einen anderen Staat wünschen".

Die Nürnberger Zeitung glaubt nicht mehr an eine friedliche Lösung des Konfliktes: "Zum ersten Mal seit Beginn der Proteste haben sich die Demonstranten jetzt massiv gegen die Prügelorgien der Milizen gewehrt und deshalb hat es auch Verletzte unter den Bütteln des Regimes gegeben." Gegen Null sinke damit die Hoffnung auf eine "sanfte Revolution" - "zumal die Reaktion der (noch) Mächtigen immer panischer wirkt". Nachdem Chamenei schon die "Intelligenz, die Künstler, die Jugend und damit die Zukunft" verloren habe, könnte nun diese Gruppe zum Umschlagen der Stimmung beitragen: "Die Basaris, die Geschäftsleute in den Städten, werden unruhig -wegen der Proteste verkaufen sie nichts mehr. Das Umschwenken der Basaris aber hat vor 30 Jahren endgültig den Sturz des Schah besiegelt."

Die Märkische Oderzeitung sieht den Druck im Kessel steigen: "Die Hoffnungen auf ein gemäßigtes, schiitisch geprägtes Staatsgebilde sind von vielen Studenten, die sich trotz aller Repressionen auf die Straßen und Plätze wagen, mit dem verstorbenen Großajatollah Montaseri begraben worden. Dieser hatte schon 1989 den Konflikt mit Chomeini nicht gescheut und den Gottesstaat in seiner jetzigen Form für gescheitert erklärt." Die Protestler, die "heute ihr Leben riskieren, haben einen anderen Staat im Sinn, in dem sie frei und unreglementiert ihren Träumen nachgehen können". Das würden die Machthaber mit allen Mitteln zu verhindern suchen, "weil sie wissen, dass ihre Stunden dann gezählt sind".

Für die Kölnische Rundschau zeigt die Eskalation der Proteste vor allem eins: "die Blindheit der Führungsclique der 'Islamischen Republik'". "Es war einfach entsetzlich dumm, den Wahlsieg des moderaten Reformers Mir Hussein Mussawi nicht zuzulassen, und es ist noch dümmer, die Proteste einfach niederknüppeln zu lassen - und das auch noch während eines hohen religiösen Festes." Für das Blatt ist das eine Blamage, die schlimmer nicht sein könnte: "Schikanen im Alltag, eine korrupte Führungsclique und eine gescheiterte Wirtschafts- und Sozialpolitik". Jedoch fehlten die Alternativen: "Die Opposition erscheint so kopf- und konzeptionslos wie die taumelnde Herrschaftsclique. Das aber macht die Lage der Fast-Nuklearmacht Iran gefährlich. Die 'Islamische Republik' hat keine Zukunft, aber es fehlen die Leute, um sie friedlich abzuwickeln."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig

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