Pressestimmen

Waffen für die Assad-Gegner? "EU bietet klägliches Bild"

Soll Europa die Rebellen ausstatten?

Soll Europa die Rebellen ausstatten?

(Foto: dpa)

Muss die EU in Syrien mehr tun? Frankreich will Waffen an die Rebellen liefern. Die Forderung überraschte die EU-Partner beim Gipfeltreffen, die nun um eine gemeinsame Position ringen. Wolfram Neidhard schreibt bei n-tv.de, Waffenlieferungen gingen "wohl nur, wenn diese nicht in falsche Hände geraten". In dieser Hinsicht sei die Skepsis der deutschen Regierung aber verständlich. Auch die deutschen Tageszeitungen haben ihre Zweifel.

Die Badische Zeitung schreibt: "Was tun mit Syrien? Die Europäische Union ist uneins - und bietet wieder einmal ein ziemlich klägliches Bild. Allein, wer tut das eigentlich nicht in diesem Konflikt? Dass Frankreich und Großbritannien ausgewählte Rebellen mit Waffen versorgen wollen, entspringt dem Wunsch, ein Gegengewicht zu den radikalen Kräften zu schaffen. Ein verständliches Kalkül, von dem allerdings keiner weiß, ob es noch aufgehen kann. Zwei Jahre schon währt das Morden. Zwei Jahre, in denen Aufständische die Hilfe des Westens ersehnt, aber nur selten erhalten haben. Gut möglich, dass eine klare Parteinahme inzwischen zu spät käme. Ein früheres Eingreifen - gar eins nach dem Vorbild der Libyen-Mission - wäre aber weder durchsetzbar noch opportun gewesen. Alle Beteiligten stecken heillos im Dilemma. Alleingänge in Paris und London ändern daran nichts."

Pressestimmen.jpg

Der Münchner Merkur stellt klar: "Seit mehr als zwei Jahren tobt der syrische Bürgerkrieg. Eine politische Lösung ist derzeit nicht nur aus Sicht des französischen Präsidenten Hollande undenkbar. Doch das ist nicht alles: Gefoltert, gemordet und zerstört wird auf beiden Seiten. Wo die Guten stehen, ist nicht erkennbar. Hollande glaubt, den Krieg beenden zu können, wenn die Rebellen aufgerüstet werden - zur Not durch einen französischen Alleingang. Welche Rebellen denn? Die Zahl ihrer Gruppen ist so groß wie das Maß ihrer Zerstrittenheit."

Die Lübecker Nachrichten meinen: "Frieden schaffen mit noch mehr Waffen ist eine Illusion, der die EU als Friedensnobelpreisträgerin nicht nachjagen sollte - eine Mär, die jede noch so kleine Chance auf eine diplomatische Lösung zunichte machen wird. Wer Öl ins Feuer gießt, beschleunigt den Brand!"

Der Mannheimer Morgen schreibt:"Natürlich ist es nicht einfach, die Frage zu beantworten, ob die EU den Rebellen in Syrien Waffen liefern sollen. Eine Aufhebung des Embargos könnte einen regelrechten Rüstungswettlauf auslösen, die Zahl der Todesopfer (man schätzt sie auf bisher 70.000) würde noch höher steigen. Jetzt ist auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Grübeln gekommen. Die EU hat sich im Unterschied zu Libyen gegen eine militärische Intervention in Syrien entschieden, aber das Rebellen-Lager politisch unterstützt. Nur, das bringt der Opposition wenig, denn das Assad-Regime hat einen großen Vorteil, weil es bis an die Zähne bewaffnet ist. Mit dem Embargo bestraft die EU sogar noch die Rebellen. Will man das wirklich so belassen?"

Die linke Zeitung Junge Welt nimmt eine Randposition ein, indem sie erwartungsgemäß scharf schreibt: "Auch wenn sich die EU als Ganzes noch nicht zu einer Aufhebung des Waffenembargos gegenüber Syrien entschließen konnte, ist sie des Friedensnobelpreises keineswegs würdig. Als Teil der antisyrischen Aggressionsgemeinschaft hat sie gegenüber allen Bemühungen, eine friedliche Lösung des Syrien-Konfliktes zu erreichen, eine ablehnende Haltung eingenommen - ob es sich nun um Vorschläge der Regierung in Damaskus zur Erzielung einer nationale Übereinkunft, um Angebote aus Moskau, Treffen zwischen Regierung und Opposition zu organisieren, oder um die Vermittlungsbemühungen des UNO-Sondergesandten Kofi Annan gehandelt hat. (...) Und so sitzt die EU in der Syrien-Falle, aus der sie so schnell nicht mehr herauskommen wird."

Die Welt fasst zusammen: "Waffen liefern an die syrischen Rebellen? Frankreich und Großbritannien sind dafür, Deutschland und die Mehrzahl der EU-Europäer dagegen. Beide Seiten haben gute Gründe. Angesichts des Ernstfalls zerfällt die EU ungeachtet aller schönen Bekenntnisse zur 'Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik' wieder einmal in nationale Einheiten, je nach Interessen- und Gefühlslage. Deutschland verzichtet auf alle Gestaltung, wie zuvor in Sachen Libyen und Mali. Niemand kann sich auf den anderen verlassen. Wenn es zur Sache geht, werden alle schönen Bekenntnisse vom Winde verweht."

Die Westfälischen Nachrichten geben eine Antwort: "Sollen syrische Rebellen im Kampf gegen das Regime in Damaskus Waffenunterstützung aus Europa erhalten? ... Ein Blick zurück wäre hilfreich. Saddam Hussein wurde jahrelang vom Westen aufgerüstet - Ergebnis bekannt. Bei den Taliban-Kämpfern in Afghanistan wurden Munition und Waffen aus amerikanischen und deutschen Beständen gefunden - Bundeswehr-Soldaten sind dort noch immer im Krieg. Und auch in Libyen sind nach dem Sturz Gaddafis westliche Hightech-Waffen auf wundersame Weise in die Hände von Al-Kaida-Kämpfern gelangt. Und jetzt Syrien? Der Verstand sagt Nein."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen