NSA hörte Schröder ab "Ein diplomatischer Eiertanz"
05.02.2014, 21:02 Uhr
Seit Monaten pocht Berlin auf ein Anti-Spionageabkommen mit den USA. Doch Washington schweigt, eine Antwort auf konkrete deutsche Vorschläge steht immer noch aus. Jetzt wird der Ton gereizter - auch bei den Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen.
Altkanzler Gerhard Schröder bringt es auf den Punkt: "Die USA haben einfach keinen Respekt vor Deutschland", stellt er mit Blick auf die neuen Enthüllungen in der NSA-Affäre fest. In genau dieser Affäre sieht die Nürnberger Zeitung, weshalb die Amerikaner keinen Respekt vor Deutschland haben: "Die Art und Weise, wie Berlin mit der hemmungslosen Ausspähung seiner Spitzenpolitiker und vor allem seiner Bürger umgeht, ist schließlich kaum geeignet, die Achtung vor den Deutschen zu steigern."
Eine mögliche Reaktion wäre ein Ermittlungsverfahren. Die Bundesanwaltschaft prüft seit Monaten, ob sie wegen der Überwachungen Ermittlungen einleiten soll. "Natürlich soll sie das", meint die Neue Ruhr Zeitung aus Essen. "Noch mal: Spionage ist eine Straftat. Deutschland ist ein Rechtsstaat. Straftaten gehören verfolgt, auch wenn sie von Freunden begangen werden." Natürlich würde das deutsch-amerikanische Verhältnis durch ein solches Ermittlungsverfahren auf eine Belastungsprobe gestellt. "Na und?", meint die Neue Ruhr Zeitung weiter. "Manchmal müssen Verhältnisse eben auf den Prüfstand gestellt werden."
Auch die Süddeutsche Zeitung aus München hält eine grundsätzliche Bestandsaufnahme des deutsch-amerikanischen Verhältnisses für notwendig: "Dazu gehört, dass Washington klar Auskunft gibt über Art und Dauer der politischen oder wirtschaftlich motivierten Ausspäherei in Deutschland und diese Praxis glaubwürdig beendet. […] Bleibt Washington aber so vage und abwehrend wie bisher, ist dies auch eine Botschaft."
Eine Botschaft, die in der deutschen Öffentlichkeit nicht gut ankommt. "In Deutschland macht sich Zorn und Ernüchterung über die Arroganz der Macht jenseits des Atlantiks breit", so die Westfälischen Nachrichten aus Münster. "Die Zeiten, in den ein US-Präsident unter Jubel am Brandenburger Tor auftreten darf, sind wohl vorbei. Amerika ist das, was es ist: Partner, aber vor allem ein globaler Konkurrent."
"Was soll das Moralisieren und Lamentieren über enttäuschte Liebesbeziehungen", fragt der Kommentator der Märkischen Oderzeitung. " Ein Staat - das zeigt dann auch das spätere Abhören der Kanzlerin Merkel, als das transatlantische Verhältnis längst wieder repariert war - hat dafür zu sorgen, dass er selbst bestimmen kann, wer wann was wie mithört."
Vielleicht hat die Bundesregierung jedoch längst ihr stillschweigendes Einverständnis zu den Abhöraktionen gegeben. Die Volksstimme aus Magdeburg glaubt nicht an die Unschuld des BND. "Der BND ist ahnungslos? Er nutzt sogar US-Datentechnik, und Präsident Gerhard Schindler fördert den Austausch mit der NSA. Aber er kommt seinen Aufgaben nicht nach, vor "Bedrohungen für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und deren Bürger" zu warnen und über die "wichtigen technischen Entwicklungen" zu informieren. Dass Schindler noch im Amt ist, kann nur eine Ursache haben: Die Regierung war längst informiert und führt seit Monaten einen diplomatischen Eiertanz auf."
Zusammengestellt von Anna Veit
Quelle: ntv.de