Spekulation über Griechenland-Bankrott "Ein gefährliches Spiel"
12.09.2011, 20:55 UhrDie Angst vor der Athen-Pleite geht um. Schuld ist Vize-Kanzler Philipp Rösler. Der meint, eine Insolvenz Griechenlands sei nicht mehr ausgeschlossen. Eine verantwortungslose Äußerung, wie die Reaktion an der Börse zeigt.
"Die Euro-Krise ist eine heikle Angelegenheit. Die Märkte regieren auf Gerüchte und Andeutungen. Kurse schwanken schon wenn Termine für Gipfeltreffen bekannt werden. Das ist inzwischen eine Binsenweisheit." Nur die Bundesregierung hat das anscheinend noch nicht verstanden, muss die Frankfurter Rundschau feststellen: "Da fabuliert der Wirtschaftsminister über eine Insolvenz Griechenlands. Die Arbeitsministerin richtet einen begehrlichen Blick auf die Goldreserven der Problemländer. Öffentlich! Ja, sind die noch zu retten? Der Dax brach nach Röslers Gedankenspielen ein. Von der Leyen hatte das Glück, dass sie an den Börsen offenbar nicht ernst genommen wird. Verantwortungslos war ihr Verhalten genauso."
Der Alleingang von Rösler zeigt der Stuttgarter Zeitung, wie schlecht es um die Regierung derzeit bestellt ist: "Die Liberalen wirken so angeschlagen, dass sich die Frage stellt, wie zuverlässig sie noch sind. Gerade von Deutschland als größtem Euroland wird Führung verlangt. Die jüngsten Kapriolen lassen Berlin als unsicheren Kantonisten erscheinen. Richtig ist, wenn Berlin als größter Zahler in der Eurozone Athen unter Druck setzt, damit es die Sparauflagen auch erfüllt. Leichtfertig ist es jedoch, eine Insolvenz herbeizureden. Über solche Anfängerfehler sind nicht nur die Partner in Europa verstimmt."
"Der Versuch des FDP-Chefs, endlich Themen zu besetzen und dabei dem Wahlvolk aufs Maul zu schauen, ist nicht grundsätzlich unredlich. In der derzeitigen Lage aber muss sich Rösler vorwerfen lassen, aus innenpolitischem Kalkül Öl ins Feuer zu gießen." Zwar ist der Bankrott eines Euro-Landes nicht grundsätzlich ausgeschlossen, schreibt die Märkische Allgemeine. Aber "selbst die FDP leugnet nicht, dass noch die rechtliche Grundlage fehlt. Ein Ausschluss ist nicht möglich, ein Austritt kaum wahrscheinlich." Dass Rösler sich trotzdem nicht zurückhält, kann das Blatt aus Potsdam nicht gut heißen: "So fällt der Euro, der Dax sackt ab, die Kosten der Kreditausfallversicherungen und Risikoaufschläge für Bonds ziehen an. Das macht es den unwilligen Griechen nicht leichter, ihre Auflagen zu erfüllen. Die mögliche Insolvenz lässt sich auch befeuern. Wort für Wort."
"Die Meinungen zu Griechenland gehen derzeit auseinander wie selten zuvor - und sie werden so laut wie nie artikuliert. (…) Athen an die Wand fahren zu lassen, einst eine Flüsterparole", wird von den Politikern jetzt "lautstark als Parole" herausgeschrien. Mit welcher Begründung, fragt Der neue Tag aus Weiden? Es ist an die Wähler und an die Griechen adressiert. "Doch es klingelt vor allem Anlegern in den Ohren. Ein gefährliches Spiel."
Die Hessische/Niedersächsische Allgemeine beleuchtet sie griechische Situation: "Die Griechen stehen vor dem Ende. Jetzt, spät genug, geht es nur noch darum, die Folgen von Misswirtschaft und Korruption zu begrenzen und den unumgänglichen Wohlstandsverlust zu realisieren. So schmeckt verfrühstückte Zukunft. Wenn unter den Banken aber erst das große Griechen-Gläubiger-Sterben einsetzt, dann wird dies viele andere Banken in Not bringen, auch in Deutschland. Wenn erst verzweifelte Griechen die Banken stürmen, um ihre Euros zu retten, dann kann dies auch in anderen Ländern eine unheilvolle Wirkung entfalten. Das gilt es zu vermeiden. Es geht nur noch um die Rettung der anderen. Die Griechen haben ihre Chance gehabt, aber nicht genutzt."
"Letztendlich gibt es nur eine vernünftige Lösung für die griechische Tragödie: die geordnete Staatspleite", meint der Mannheimer Morgen. "Bei einem Schuldenschnitt von 50 Prozent hätte Athen wieder eine Perspektive und wäre dazu in der Lage, die Restschulden zu bezahlen. Davon würden übrigens auch die Kapitalmärkte profitieren. Diese könnten sich wieder mehr darauf verlassen, dass die Griechen pünktlich zahlen - und würden an den dann noch immer recht hohen Zinsen verdienen." Ob dieser theoretische Plan aber praxistauglich sei, darüber streiten sich Experten nicht einig. Nur eines sei gewiss: "Wenn die Griechen am Ende allein dastehen, bleibt ihnen nur noch der Weg der Zahlungsverweigerung. Dann spielen die Märkte aber erst recht verrückt."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki