Pressestimmen

Volksentscheid zu Stuttgart 21 "Eine Frage der Reife"

Die Spannung in Baden-Württemberg ist groß: Mit einer Volksabstimmung soll am Sonntag über das  Bahn-Großprojekt Stuttgart 21 abgestimmt werden. Kann der jahrelange Streit damit beigelegt werden? Die Presse hält das Referendum für "richtig und notwendig". Ob Baden-Württemberg aber bereit ist für die direkte Demokratie, muss sich zeigen.

Etwas verwirrend: S21-Gegner müssen mit Ja, Befürworter mit Nein abstimmen.

Etwas verwirrend: S21-Gegner müssen mit Ja, Befürworter mit Nein abstimmen.

(Foto: dpa)

"Ob Kosten, Wirtschaftlichkeit oder Trassenführung: Zu jedem Aspekt von Stuttgart 21 gibt es mindestens zwei Wahrheiten. Und der Kampf um die wahre Wahrheit wird zum Teil mit beinahe religiöser Inbrunst geführt." Deshalb ist die Stuttgarter Zeitung skeptisch, ob die Volksabstimmung wirklich die Wogen glätten kann. Aber sie ist "richtig und notwendig" und trotz aller Schwächen "das einzige Instrument, das überhaupt die Chance auf ein Miteinander eröffnet. Das Votum kann, wenn beide Lager verantwortungsvoll damit umgehen, den Streit auf eine konstruktivere Ebene heben. Denn die Abstimmung kann eine Kardinalfrage des Konflikts beantworten, die nach der demokratischen Legitimation des Projekts."

Auch wenn es Ziel der Abstimmung sei, das Land zu befrieden, so müssten erstmal alle bereit sein, sich befrieden zu lassen, meint die Heilbronner Stimme. Das Blatt muss Ministerpräsident Kretschmann daher Recht geben: "Baden-Württemberg ist bislang noch ein Entwicklungsland in Sachen direkte Demokratie. Das wird sich ab Sonntag ändern. Spätestens mit dem Entscheid über Stuttgart 21 beginnt eine neue Zeitrechnung. Das ist schon jetzt ein Erfolg für alle, die das Thema konsequent weiterverfolgt haben. Dem Land kann das nur gut tun."

Für den Mannheimer Morgen ist der Volksentscheid eine "Frage der Reife", denn "nach dem 27. November wird natürlich niemand seine Meinung zu Stuttgart 21 ändern. Aber den Ausgang nicht zu akzeptieren, wäre nicht nur eine glatte Missachtung der Verfassung. Sondern dieses Verhalten würde auch fraglich machen, ob künftig ähnliche Abstimmungen mit großem persönlichem Einsatz der Beteiligten und hohem finanziellen Aufwand des Landes überhaupt sinnvoll sind. Der Umgang mit dem Resultat wird zeigen, wie reif Baden-Württemberg für die direkte Demokratie ist."

Der Reutlinger General-Anzeiger sieht in dem Referendum einen "Chance für die politische Kultur. Erstmals in der knapp sechzigjährigen Landesgeschichte bietet sich den Bürgern Baden-Württembergs die Chance der direkten und maßgeblichen Mitwirkung bei einer politischen Weichenstellung von großer Reichweite." Das alleine sei ein politischer Erfolg der grün-roten Landesregierung. Außerdem sei es auch "eine Chance (…) zur Genesung unserer geschundenen politischen Kultur. Wann jemals in der Bundesrepublik konnten die Bürger so aktiv, so direkt und so maßgeblich mitentscheiden?"

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzi

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