Pressestimmen

Peer Steinbrück und das 100-Tage-Programm "Etwas Rückenwind hätte die SPD verdient"

Pressestimmen.jpg

Dreieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl stellt der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in Berlin sein 100-Tage-Programm vor. Die Kernthemen: Mindestlohn, soziale Rentenreform und neue Kita-Plätze. Kann Steinbrück damit die Unentschlossenen mobilisieren? Hier finden Sie dazu die Kommentare der deutschen Presse.

Die Frankfurter Rundschau äußert sich zu Steinbrücks 100-Tage-Programm so: "Peer Steinbrück hat dem Wahlkampf ein neues Wort beschert: Politik mit 'Kompassweisung' hat er versprochen. Der Kompass, so die Botschaft, zeigt auf eine soziale und gerechte Alternative zu… ja, zu was? An dieser Stelle wird der SPD-Kandidat, will er seine letzte Chance nutzen, an Mut noch deutlich zulegen müssen." Eine Chance für Rot-Grün sieht das Blatt darin, "das 'Ungefähre', mit dem Merkel sich als konservativliberalgrüne Halbsozialdemokratin verkauft, als Maskerade zu entlarven, hinter der sich eine keineswegs besonders soziale Politik verbirgt". Dazu würden Steinbrück und die SPD eines besonders brauchen: "Den Mut, die Gegnerin auch als Gegnerin zu behandeln, statt ihr die Maskerade aus Angst vor ihrer Popularität weiter durchgehen zu lassen."

Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hält Peer Steinbrücks Programmvorstellung nicht viel Neues für die Wähler bereit: "Neu war daran nur, dass Steinbrück das alles schon in den ersten hundert Tagen nach dem 22. September auf den Weg bringen will. Erfrischend auch der Eindruck, er könne das alles einfach mal so als Kanzler durchsetzen, ohne Rücksicht auf einen Koalitionspartner. Doch aufschlussreich ist an den neun Punkten seiner Agenda vor allem, dass sie ein altes sozialdemokratisches Thema in den Mittelpunkt der verbleibenden drei Wochen des Wahlkampfs stellen, die soziale Gerechtigkeit." Allerdings fehle der Partei "eine zündende Idee oder eine zündende Person". So könne die SPD nicht "in die Sphären vordringen, die CDU, CSU und FDP für sich beanspruchen".

Die Stuttgarter Zeitung hingegen findet lobende Worte für den SPD-Kanzlerkandidaten: "Etwas Rückenwind hätte die SPD tatsächlich verdient - trotz Steinbrücks anfänglicher Fehler und Ungeschicklichkeiten und trotz der immer wieder aufblitzenden Illoyalitäten an der Parteis pitze. Erstens verdient es Respekt, wie engagiert Steinbrück kämpft. Zweitens kann man nicht genug loben, dass die SPD ungeachtet ihrer schwierigen Lage bei den entscheidenden Themen nicht auf Populismus setzt, sondern verantwortungsbewusst agiert. Das gilt für die Euro-Rettung schon lange, und es gilt erst recht für die aktuelle Haltung der Sozialdemokraten gegenüber einer möglichen Militärintervention in Syrien."

Die Neue Osnabrücker Zeitung sieht in Steinbrücks Auftritt gar einen kleinen Lichtblick: "Peer Steinbrück hat nach seinem verstolperten Start als Kanzlerkandidat einigermaßen Tritt gefasst und läuft verbal langsam wieder zur alten Form auf." Ein Wahlsieg wäre "nicht unmöglich, aber eher unwahrscheinlich". Während Steinbrücks Auftreten sich von der Zurückhaltung der Kanzlerin unterscheide, fehle es der SPD an inhaltlichen Abgrenzungen zur CDU: "Die sind meist eher klein. Und wenn die SPD doch einmal ein zugkräftiges Thema wie die Mietpreisbremse hat, dann übernimmt die CDU es kurzerhand. So viel Wendigkeit macht es jedem Angreifer schwer, Treffer zu landen. Auch beim TV-Duell am Sonntag wird es Steinbrück daher nicht leicht haben."

Die Dresdner Neuesten Nachrichten geben sich zunächst optimistisch: "Wenn wir Peer Steinbrück glauben dürfen, erleben wir Anfang 2014 den Beginn eines wahren Reformjahres. Mit neuer Energie wird er am Sonntag in die TV-Arena steigen, zum Duell mit Merkel. Es könnte zur Aufholjagd werden." Allerdings klingt auch Skepsis an: "Doch da ist der Syrien-Konflikt. Gerade in Krisenzeiten neigen Menschen zum Schulterschluss mit der Regierung - zumal sich die Positionen der Parteien ähneln. Da ist zweitens die gute Wirtschaftslage in Deutschland, von Wechselstimmung keine Spur. Und da sind drittens die SPD und ihr umtriebiger Vorsitzender, der im Wahlkampf reingrätscht. Gut möglich, dass Sigmar Gabriel schon kurz nach dem TV-Duell die nächste 180-Grad-Wende einläutet. Das würde Steinbrück aus der Bahn werfen."

Zusammengestellt von Judith Leipnitz

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen