Steuerausfälle "Frappante Kurzsichtigkeit"
14.05.2009, 20:26 UhrBis zu 316,3 Milliarden Euro an Steuereinnahmen werden bis 2012 ausfallen. Die Neuverschuldung in Deutschland wird somit auf ein Rekordhoch steigen. Die nächste Generation wird das auszubaden haben, meint die deutsche Presse.
Die Rhein-Neckar-Zeitung fragt sich: "Wie viele Pleiten, zerstörte Firmen, abgebaute Beschäftigungsverhältnisse und zusätzliche Staatsschulden werden nach der Krise in der Bilanz stehen?" Die Steuerschätzung sei dabei nur eine "Beben-Warnung". Jedoch wäre es auch naiv, nicht davon auszugehen, dass "die einbrechende Wirtschaftsleistung in Verbindung der keynesianische Ausgabenflut des Staates … die finanziellen Möglichkeiten nicht dramatisch einschränken" würde. Das Blatt bestreitet nicht, dass es richtig sei, "Schulden zu machen". Wenn man jedoch von neuen Steuerentlastungen erzählt, sei das unverantwortlich und blende die Bevölkerung.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nimmt das Finanzministerium ins Visier. Denn "wenn sich die geschätzten Steuerausfälle bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode auf rund 300 Milliarden Euro summieren, kommt darin nicht allein der Schicksalsschlag der Weltrezession zum Ausdruck". Die sinkenden Einnahmen, die das Finanzministerium beklagen würden, seien zum größten Teil "hausgemacht". Sie seien nämlich das "Ergebnis der erratischen Steuerpolitik einer großen Koalition, die sich, den Wahltermin im Blick, zuletzt vom Steuererhöhen aufs Steuersenken verlegt hat." Hätte sich die Regierung, so meint das Blatt weiter, in der Steuerpolitik um eine klare Linie bemüht, wäre dies "erfreulicher und dem Wachstum … zuträglicher". Aber das Blatt urteilt hart: "Nun schrumpfen an allen Ecken und Enden die Einnahmen, ohne dass sich beim Bürger das befriedigende Gefühl einstellte, dabei ordentlich entlastet zu werden."
Auf die "Tiefe der Misere" weist der Nordbayerischer Kurier hin, denn das "vordergründige Wahlkampfscharmützel darüber, ob Steuerentlastungen vielleicht 2012 oder später möglich sind", verberge eine klare Sicht auf sie. Auch in wirtschaftlich guten Zeiten sei es dem reichen Deutschland nicht geglückt, aus den roten Zahlen zu kommen. Bayern stelle da unter "großen Schmerzen" eine Ausnahme dar. Das Blatt konstatiert kritisch: "Der Gesamtstaat lebt permanent über seine Verhältnisse, und das Schlimme ist: Wir haben uns in dieser Situation eingerichtet. Sparpolitik ist selbst in guten Zeiten unsexy. Die Folgen für diese frappante Kurzsichtigkeit werden vor allem die nächsten Generationen auszubaden haben."
Auch der Münchner Merkur prangert die Verbissenheit der Parteien an, die im Wahlkampf um den Grundsatzstreit um Steuersenkungen kreisen würden. Stattdessen sei es dringend nötig, dass die Regierung "alle liebgewordenen Ausgaben auf den Prüfstand" stelle. "Je nach Definition summieren sich die öffentlichen Subventionen und Finanzhilfen auf jährlich knapp 150 Milliarden Euro, jüngste Krisenmaßnahmen noch nicht eingerechnet. Obwohl es sich um das Lieblingsthema der Politik handelt, erreichte der Subventionsabbau zwischen 2000 und 2005 nicht einmal ein Prozent." Das sei "ein Armtszeugnis". Aus welche Parteien auch immer die kommenden Regierung zusammengesetzt sein werde, sie werde nicht umhinkommen, "den Rasenmäher anzuwerfen".
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger