"Die Rolle des Klapperstorchs" Geburten gehen zurück
07.04.2009, 20:47 UhrNach der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 hatte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) den kurzzeitigen Anstieg der Geburten als ihren Erfolg verbucht. Aktuelle Statistiken zeigen nun das Gegenteil: die Geburtenzahlen steigen nicht an, sondern nehmen ab. Eine bloße Forderung nach Unterstützung für junge Familien reicht nicht aus, meint die Presse.
"Nun muss von der Leyen ihr kleines Babywunder selbst entzaubern", schreibt die Frankfurter Rundschau. Zwar sei der Rückgang der Geburtenzahlen statistisch "keine nennenswerte Größe". Politisch allerdings sei dies ein Dämpfer für das Eigenlob der Ministerin. Vor allem aber zeigten die Zahlen, "wie heikel es ist, Geburtenraten politisch zu instrumentalisieren", so das Blatt aus Frankfurt. "Der Einfluss auf individuelles Geburtenverhalten ist begrenzter als einige Minister meinen. Zum Glück."
Die Kieler Nachrichten fordern Politiker aller Couleur zum genauen Betrachten der Zahlen auf, denn trotz des aktuellen Rückgangs der Geburten im Jahr 2008 wurden mehr Kinder geboren als 2006, obwohl "die Zahl der potenziellen Mütter stetig sinkt". Und was nicht vergessen werden sollte: Junge Väter nutzen "die Elternzeit mit steigender Tendenz". Schon deshalb sei Frau von der Leyen "auf dem richtigen Weg". Die Zeitung wünscht der Ministerin, dass sie "es hoffentlich schafft, die aktuellen Zahlen tapfer wegzulächeln".
Ursula von der Leyen war "unstrittig der Star in der christdemokratischen Ministerriege unter Angela Merkel", kommentiert der Tagesspiegel. Ihr sei es zu verdanken, dass die Union "mit Elterngeld und Betreuungsausbau auf die Höhe der Zeit gebracht" wurde, so das Blatt aus Berlin. Leider sei das das neue Frauen- und Familienbild mehr Wunsch als Realität, "in den Mittelschichten und anderswo". Wenn die Ministerin diese Diskrepanz weiterhin kleinredet, dann habe von der Leyen ihre Mission eigentlich erfüllt: "Die Rückständigkeit der Union ist abgeräumt, doch mit der modernen Familie ist kein neues Ufer für die Union zu gewinnen."
Der Münchner Merkur dringt zum eigentlichen Problem vor, denn vielleicht wären ohne Elterngeld und Ausbau der Betreuungsplätze womöglich noch viel weniger Kinder geboren. Doch "alles, was jungen Familien hilft, [ist] eine gute Investition in die Zukunft". Das vorschnelle Lob und der Jubel Ursula von der Leyens war nicht mehr als "ein Betriebsunfall ihrer PR-Maschinerie".
"Ja, mehr Kinder braucht das Land", fordert die Mitteldeutsche Zeitung. Doch ein solcher "Mentalitätswandel" braucht mehr Zeit, als der Politik genehm ist. Außerdem hänge der Kindersegen mehr als nur von staatlichen Fördermaßnahmen ab. "Etlichen Verbesserungen stehen zudem objektive Verschlechterungen gegenüber", meint die Zeitung aus Halle. Man nehme bloß die Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse sowie die wachsende Zahl zeitlich befristeter Jobs. " Es lässt sich eben doch nicht einfach weglächeln": Wer Kinder bekommt, gehe mitunter auch ein gewisses Armutsrisiko ein. Neben all dem Lamentieren und Hoffen sei es wichtiger, "die Vereinbarkeit von Kind und Karriere" weiter voranzutreiben.
Zusammengestellt von Julia Jaroschewski
Quelle: ntv.de