Razzien gegen Salafisten "Geisteshaltungen nicht zu verbieten"
14.06.2012, 20:50 UhrIn mehreren Bundesländern schlagen die Behörden am Morgen zu: Sie durchsuchen insgesamt 80 Objekte von radikalen Salafisten. Innenminister Friedrich verbietet zudem die Solinger Vereinigung Millatu Ibrahim. Begründung: Sie stelle eine Gefahr für die verfassungsrechtliche Ordnung Deutschlands dar. Richtig so, finden die Kommentatoren in den deutschen Tageszeitungen.

(Foto: dapd)
Die Stuttgarter Zeitung sieht dort eine Grenze der Toleranz und Liberalität des Grundgesetzes, "wo Leute am Werk sind, die das Gegenteil im Sinn haben. Die Religionsfreiheit darf kein Deckmantel für die Verherrlichung von Gewalt sein", urteilt das Blatt weiter. " Eine Demokratie, die sich gegen ihre Feinde nicht zu wehren weiß, wäre dem Untergang geweiht."
Der Meinung ist auch die Financial Times Deutschland. Es sei das richtige Vorgehen einer wehrhaften Demokratie, dass Polizei und Justiz gegen die Salafisten vorgehen und Millatu Ibrahim verboten wird. "Der Staat sollte es jedoch nicht bei einseitigen polizeilichen und justiziellen Maßnahmen belassen. Denn das Problem der immer radikaler auftretenden Salafisten wird dadurch nicht erledigt sein."
In dieselbe Kerbe schlägt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Denn: "Vereine lassen sich verbieten, Geisteshaltungen nicht. Schon der Versuch dazu ist mit unserer freiheitlichen Grundordnung nicht zu vereinbaren, die auch ihre Gegner, so weit das vertretbar ist, gewähren lässt." Ein Verbot dürfe nur ultima ratio sein. Ganz klare Kante sei aber geboten, wenn zu Gewalt aufgerufen und Hass gepredigt werde. "Denn das ist, unabhängig von Provokationen von anderen Extremisten, ein Missbrauch der hierzulande großzügig gewährten Religionsfreiheit. Grenzenlos ist aber selbst diese Freiheit nicht."
Für überfällig hält das Verbot die Märkische Oderzeitung. "Auch eine offene Gesellschaft muss sich schützen, wenngleich die Probleme so nicht gelöst sind. Und das sind die vielen Jugendlichen muslimischer Einwanderer, oft schlecht ausgebildet und ohne Perspektive. Das ist ein Intergrations- und Bildungsproblem, das nicht verboten werden kann, sondern weiterhin von der Gesellschaft gelöst werden muss."
Einen Seitenhieb gegen Innenminister Friedrich kann sich die Süddeutsche Zeitung nicht verkneifen. Die Muslime in Deutschlands sollten dem CSU-Mann dafür danken, dass er Millatu Ibrahim verboten hat. Doch die hätten den Grundverdacht, "dass der Minister einen Argwohn gegen jedweden Islam hat. Dazu hat der Minister leider schon einiges beigetragen."
Quelle: ntv.de