Ackermann-Party im Kanzleramt "Hartz-IV-Empfänger verhohnepiepelt"
25.08.2009, 21:19 UhrEin gefundenes Fressen für "wahlkämpfende Lautsprecher": Die Ackermann-Geburtstagsfeier im Kanzleramt sorgt für viel Wirbel, der vor allem die Bundeskanzlerin in Bedrängnis bringt. Da kann man nur wünschen, dass die Feier wenigstens eine richtige "Partysause" war.
Schnittchen und Sekt auf Kosten des Steuerzahlers: Ackermanns Feier im Kanzleramt stößt auf harsche Kritik.
(Foto: dpa)
"Angela Merkel hat ebenso wie ihre Vorgänger die Aufgabe, mit den Eliten dieses Landes zu kommunizieren und sie auch untereinander ins Gespräch zu bringen. Das tut sie, und das darf ruhig auch etwas kosten", meint die Mitteldeutsche Zeitung. Das Blatt aus Halle sieht jedoch im Fall Ackermann eine Grenze überschritten: "Dass Merkel dem umstrittenen Banken-Manager das Kanzleramt zur Verfügung stellt, um dort repräsentativ Hof zu halten - das geht jedoch den berühmten Schritt zu weit." Die Regierungschefin sollte vor allem immer im Auge haben, was für die Bevölkerung noch nachvollziehbar sei und was nicht mehr. Erst kürzlich "monierte Merkel bei einem Wahlkampfauftritt, die Banker hätten sich zuletzt 'dumm und dämlich' verdient". "Wer so spricht, darf für den Millionen-schweren Ackermann nicht die Spesen zahlen. Da fühlen sich Hartz-IV-Empfänger verhohnepiepelt - und zwar zu Recht."
Die Märkische Allgemeine rückt die öffentlichen Reaktionen auf die Ackermann-Party in den Mittelpunkt ihres Kommentars: "Unglaublich: Die Bundeskanzlerin lädt den erfolgreichsten Banker des Landes nebst illustrer Runde aus Politik, Wissenschaft, Industrie und Medien ins Kanzleramt zum Essen und lässt sie dafür nicht bezahlen. Nachdem Kanzlerin und Gast den skandalösen Vorfall vor drei Wochen in einem TV-Porträt über Angela Merkel selbst preisgegeben haben, hat ein investigatives TV-Magazin das Ganze nun noch einmal 'enthüllt' - und es finden sich tatsächlich wahlkämpfende Lautsprecher, die sich öffentlich darüber erregen", wundert sich das Blatt. "Wenn für jeden drittklassigen Halbdespoten dieser Welt der rote Teppich ausgerollt wird, neigt sich der deutsche Kleingeist ehrfürchtig vor dem Protokoll. Wenn sich die Regierungschefin mit Verlegern, Spitzenmanagern und Forschern trifft, wird der Finanzausschuss alarmiert."
Die Abendzeitung aus München übt spöttelnd Kritik: "Unsere Bundeskanzlerin ist wirklich eine weitsichtige Frau. Schon ein halbes Jahr vor dem Banken-Crash startete Angela Merkel ihr persönliches Hilfsprogramm: Für Deutschlands bestbezahlten Banker Josef Ackermann. Zu seinem 60. Geburtstag tat sie für ihn was ganz Besonderes. Eine Privat-Party im Kanzleramt. Im Zentrum der Macht! Und die Rechnung? Nein, die musste Ackermann natürlich nicht bezahlen. Die hat Merkel großzügig dem Steuerzahler aufgebrummt. Mein Gott, was ist da bloß in unsere Kanzlerin gefahren? Hat sie ihr Gespür für den Normalbürger und Steuerzahler total verlassen? Dass Ackermann damit jetzt auch noch prahlen musste, zeigt, wie abgehoben der als arrogant verschriene Banker ist."
"Bis zum Beweis des Gegenteils ist die Einladung der Kanzlerin für Josef Ackermann ebenso wenig zu beanstanden wie die Nutzung des Dienstwagens durch die Gesundheitsministerin oder die Vergabe von Aufträgen an eine Kanzlei durch den Wirtschaftsminister". Die Nürnberger Nachrichten bleiben betrachten die Szenerie sachlich, sind sich aber auch bewusst, dass in Wahlkampfzeiten andere Gesetze gelten: "Ehe der Haushaltsausschuss prüfen konnte, ob korrekt abgerechnet wurde, unterstellt die politische Konkurrenz, es seien Steuergelder verschleudert worden. Die öffentliche Empörung wird geradezu geschürt, indem Medien mit Schlagworten wie 'Sauerei' (bezogen auf den Dienstwageneinsatz) oder 'Partysause' bedient werden."
Zusammengestellt von Nadin Härtwig
Quelle: ntv.de