Pressestimmen

Die Eurokrise geht weiter "Italien wird das Hauptgericht sein"

Die EU hat ein neues Sorgenkind: Nach Griechenland, Irland und Portugal könnte Italien als nächstes in den Schuldenstrudel geraten. Europa stünde damit vor einem Problem, das es möglicherweise nicht alleine lösen kann, so Wirtschaftsexperte Jürgen Matthes auf n-tv.de. Mehr denn je sind jetzt die Politiker gefragt. Die aber reagieren mal wieder hilflos und lassen sich von den Märkten vor sich her treiben.

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(Foto: dpa)

"Hat den Westen Abstiegssehnsucht erfasst?" fragt sich die Landeszeitung aus Lüneburg. "In Washington üben sich Weißes Haus und Kongress auf Schuldengipfeln im Grabenkrieg – obwohl die angeschlagene Supermacht USA auf die Zahlungsunfähigkeit zutaumelt. In Europa überbieten sich die Skeptiker mit Abgesängen auf den Euro, weil jetzt Italien in das Sperrfeuer der Ratingagenturen gerät. Wer den Aufstieg des Renminbi zur neuen Leitwährung beschleunigen will, sollte so weitermachen." Nach Meinung des niedersächsischen Blattes brauche Europa deshalb "eine orchestrierte Wirtschaftspolitik, die dem historischen Projekt des Euro angemessen ist. Und es braucht Politiker, die der epidemisch um sich greifenden Europa-Müdigkeit mitreißende Visionen entgegenzusetzen verstehen. Nationalistische Kleinkrämerei brachte das europäische Projekt zum Wanken, sie bringt uns nicht aus der Krise heraus."

Das Krisenmanagement der Politiker lasse allerdings sehr zu wünschen übrig, findet der Tagesspiegel aus Berlin: "Ähnlich wie vor dem Absturz Griechenlands klingen (…) die Durchhalteparolen mit Blick auf Italien: 'Volles Vertrauen' hat demnach die deutsche Regierung, und 'keine Gefahr' sah noch vor ein paar Tagen Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker für Italien. In Wirklichkeit treiben die Märkte die Europolitiker vor sich her, die Ratingagenturen und die Investoren, die immer höhere Zinsen von den Wackelstaaten verlangen. Auch wegen der ungenügenden, unberechenbaren Krisenpolitik. Die ist Teil des Problems: Vertrauen in Kompetenz und Konsistenz der EU-Lenker ist kaum noch da, das Politchaos lockt die Spekulanten und treibt die Risikoprämien nach oben. Misstrauen kann sehr teuer sein."

"Griechenland, Portugal und Irland, so erzählt man es sich an den Börsen, waren für die globalen Finanzhaie nur die Vorspeise. Das Hauptgericht werde Italien sein." Augenscheinlich aber gehen die Märkte früher als erwartet zum nächsten Gang über, so der Münchner Merkur. Wenn die Krise jetzt nach ihrem üblichen Muster ablaufe, "dann folgt der Attacke der Spekulanten rasch der Vertrauensentzug durch konservative Anleger. Dann ist Rom der vierte europäische Schadensfall - aber einer, demgegenüber alles bisher Dagewesene wie ein Kindergeburtstag wirkt." Die Reaktionen auf eine solche mögliche Katastrophe seien mehr als hilflos: "Die EZB will eine Verdoppelung des Rettungsschirms auf 1,5 Billionen Euro. Und die EU, die dem Schulden-Schlendrian untätig zusah, beschimpft die bösen US-Ratingagenturen, frei nach dem Motto 'haltet den Dieb'." So aber könne der Euro nicht gerettet werden.

Die Frankfurter Rundschau sucht daher nach anderen Lösungen: "Es ist höchste Zeit, eine gemeinsame Schuld zu schaffen, gemeinsam füreinander zu haften. Das geht am geschicktesten durch den Euro-Bond, die Euro-Anleihe. Sie würde der Welt, den Investoren und Spekulanten signalisieren, dass Euroland nicht zu zerstören ist. Ja, sie würde Euroland sofort zur solidesten Region unter den Industrieländern machen. Damit hätte der US-Dollar erstmals eine echte Konkurrenz."

Für Italien sehen die Westfälischen Nachrichten nur einen Ausweg aus der Misere: "Ministerpräsident Berlusconi muss auf einen seriösen wirtschaftspolitischen Kurs zurückfinden. 'Sparen, sparen und nochmals sparen' muss die Devise lauten." Und das könnte gelingen, denn "Italiens Wirtschaft hat ausreichend Potenzial, um einen solch strikten Konsolidierungskurs auszuhalten."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki

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