Einigung in Kiew "Janukowitsch bleibt unberechenbar"
21.02.2014, 20:45 Uhr
Nach zähen Verhandlungen unterschreibt der Präsident Janukowitsch in Kiew ein Abkommen mit der Opposition. Ob die Vereinbarung die angespannte Situation in der Ukraine tatsächlich verbessern wird, sehen die deutschen Tageszeitungen skeptisch. Das Eingreifen der EU-Außenminister kommt für sie zu spät.
"Der ausgehandelte Kompromiss bietet keine Gewähr für eine positive Entwicklung", meint der Mannheimer Morgen: "Die Tinte trocknet schnell, doch die Bilder von den vielen Toten werden die Menschen lange bis in den Schlaf verfolgen. Eigentlich eint die Opposition nicht viel mehr als die gemeinsame Unterschrift, und die radikalen Kräfte geben ihren Widerstand nicht ganz auf. Auch deshalb ist es ein Risiko, dass es bis zu den Neuwahlen so lange dauern soll. Janukowitsch bleibt unberechenbar, zumal der in Deutschland überschätzte Vitali Klitschko erst beweisen muss, dass er mehrheitsfähig ist."
"Es ist weiter internationale Vermittlung notwendig.", stellt die Berliner Zeitung fest: "Ideal wäre es, wenn dies die EU und Russland gemeinsam täten. Dann wären die Chancen auf einen nachhaltigen Erfolg wohl am größten. Doch so viel Hoffnung wäre wohl vermessen. Der Westen und Russland haben sich im Streit um die Ukraine noch weiter voneinander entfernt. Sie müssen dringend ihre Probleme miteinander klären. Man will kaum glauben, dass beide ihre Beziehungen noch vor kurzem als strategische Partnerschaft beschrieben."
Die Stuttgarter Zeitung lobt das Eingreifen der EU -Minister: "Die Repräsentanten der EU haben Mut bewiesen. Sie haben gezeigt, dass ein gemeinsames Auftreten der politischen Führer Europas Gutes bewirken kann. Ein wohltuendes Signal nach Wochen des Hin-und-Her-Lavierens, nach einer Phase erschreckender Untätigkeit. Sie standen den Ukrainern in der Not zur Seite - aber noch ist nicht entschieden, ob diese Hilfe wirkt, ob sie von allen entscheidenden Kräften in der Ukraine wirklich angenommen wird."
Das Badische Tagblatt kritisiert das späte Handeln der EU-Repräsentanten: "Die von Erfolg gekrönte Initiative der drei Außenminister kommt reichlich spät. Sie zeigt, was möglich gewesen wäre, hätte die EU schon früher solchen Druck ausgeübt. Was in der östlichen Nachbarschaft geschieht, berührt Brüssel buchstäblich nur am Rande. Erst die Eskalation der Gewalt führte zum Umdenken. In Polen, der Slowakei und im Baltikum sieht das freilich anders aus: Auf deren Erfahrungen im Umgang mit Russland kann man bauen. Aber solche Feinheiten in Europa drohen in einem Deutschland, das sich anschickt, seine Außenpolitik neu und größer und vor allem allein zu definieren, nicht mehr wahrgenommen zu werden."
Auch die Frankfurter Rundschau ist der Meinung: "Dass vorgezogene Neuwahlen die einzige Lösung in der blutigen Krise sind, war vor einer Woche genauso klar wie am Freitag. Die mindestens 70 Toten haben die Mächtigen in Kauf genommen. Und selbst jetzt lassen sie das Volk im Unklaren, wann es eine neue Regierung und neues Parlament wählen kann. Eine nicht zu unterschätzende Nebenrolle in diesem Drama spielt die EU. Als Institution steht sie blamiert da. Über Wochen waren ihre machtlosen Vertreter nach Kiew gereist, nur um Janukowitschs Spiel auf Zeit mitzutragen. Am Ende erreichten erst die Vertreter der starken EU-Nationalstaaten eine Einigung. Jeder Autokrat lernt daraus, dass er gar nicht ernsthaft verhandeln muss, solange Catherine Ashton vor der Tür steht."
Zusammengestellt von Laura Kleiner
Quelle: ntv.de