Eurorettung im Bundestag "Jetzt sind die Schuldnerstaaten dran"
26.10.2011, 20:15 UhrEs war die Stunde der Opposition, denn sie hat der Kanzlerin dazu verholfen als Zugpferd in der Eurokrise nach Brüssel zu reisen. Der Bundestag stimmt dem Rettungspaket der schwarz-gelben Regierung zu, nicht zuletzt wegen Merkels mahnende Worte, aber auch weil eine Eurorettung alternativlos ist.

Setzt sich durch: Angela Merkel.
(Foto: picture alliance/dpa)
"Merkels mahnende Worte verfehlten ihre Wirkung nicht", konstatiert die Braunschweiger Zeitung. Denn immerhin folgten 503 von 596 Abgeordneten der Bundeskanzlerin, "auch weil die Opposition von SPD und Grünen ihre Vorbehalte hinten anstellten, Staatsräson walten ließen und in dieser für Deutschland existenziellen Frage überwiegend mit der Regierung stimmten". Doch wichtiger als die Stimmen der Opposition seien für Merkel die 311 Ja-Stimmen aus dem schwarz-gelben Lager gewesen, meint das Blatt. Diese sicherten die Kanzlermehrheit erneut. Somit sei die Innenpolitik nicht mehr Merkels Problem. "Die Abgeordneten der Koalition sind auf Kurs." Offen bleibe jedoch, "wie die Komplexität des Finanzwesens und die Interessen der EU-Länder unter einen Hut gebracht werden können".
Angela Merkel habe für die Rettung des Euros ihre ganz einige Sprache gefunden, schreibt die Hessische/Niedersächsische Zeitung: "Wann, wenn nicht jetzt, sollten die unübersehbaren Konstruktionsmängel der Eurozone behoben werden? Von wem, wenn nicht von den jetzt Regierenden? So fragte die Kanzlerin – und vergaß nicht zu sagen, was passieren könnte, wenn der Club der 17 es wie üblich nicht schaffen würde, sich ein solideres Fundament zu geben. Dann, drohte die Kanzlerin, als wäre dies ein Schicksal und nicht eine politische Option, dann würden interessierte und fähige Staaten eben unter sich neue Einigungsverträge aushandeln. Das allerdings wäre das Ende der EU."
Seitens des Deutschen Bundestags sollte die Eurorettung gelingen. Alles Weitere liege nun bei den Brüsseler Gipfelteilnehmern, vermerkt die Rhein-Neckar-Zeitung. "Dort wurde sehr präzise registriert, dass sich Deutschland trotz einigen Widerwillens nicht um seine Rolle als Zugpferd der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik drückt. Lange genug hatte Angela Merkel versucht, den deutschen Steuerzahler aus dem griechischen Schuldenchaos herauszuhalten. Vergebens. Die rhetorischen Schaukämpfe von SPD-Fraktionschef Steinmeier zeigten ja auch überdeutlich, dass eine Haltung gegen die Eurorettung zwar populistisch effektiv wäre, dennoch bleibt die Rettung 'alternativlos'."
Ähnlich interpretieren die Dresdner Neuesten Nachrichten die Abstimmung im Bundestag: Sie signalisiere den europäischen Partnern, dass Deutschland "im Gegensatz zu Italien zwar weiter die Lokomotive im Konsolidierungsprozess spielen" werde. "Der größte EU-Nettozahler ist aber nicht mehr bereit, unbegrenzt Risiken zu tragen. Jetzt sind definitiv die Schuldnerstaaten dran, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Wenn die Kanzlerin hier einen Durchbruch schafft, wird ihr möglicherweise auch in Deutschland die Anerkennung für ihr Krisenmanagement zuteil."
Zwar fahre die Kanzlerin "mit einer breiten Mehrheit und einem robusten Mandat zu den entscheidenden Verhandlungen nach Brüssel", aber "der Schein trügt", mahnen die Badische Neueste Nachrichten. Denn "der Streit um den richtigen Weg aus der Schuldenkrise (ist) noch nicht ausgestanden". Trotz der 503 Ja-Stimmen zum neuen Rettungsschirm seien sich die Parteien längst nicht einig. "Die Opposition wirft der Koalition vor, zu lange gezögert, zu viel taktiert und damit die Kosten für die Rettung Griechenlands in noch astronomischere Höhen getrieben zu haben."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Julia Kreutziger