Neuer Anlauf für NPD-Verbot "Kein einziges Problem gelöst"
05.12.2012, 20:37 Uhr
Erneuter Versuch: Die NPD soll verboten werden.
(Foto: dapd)
Die Innenminister der Länder haben sich für die Einleitung eines neuen NPD-Verbotsverfahrens ausgesprochen. Ob die Regierung bei dem neuen Antrag mitzieht, ist bisher offen. Die Presse warnt davor, ein weiteres Mal wie schon 2003 zu scheitern und diskutiert "fatale Konsequenzen" eines Verbots.
"Es scheint, als wollten die Politiker mit ihrem Aktionismus das Versagen der Sicherheitsbehörden kompensieren, das es bei der Aufklärung der zehn Morde des Terrortrios gab." Durch ein Verbot ließe sich aber wenig ändern, so Die Welt aus Berlin: "Zwar würde die Struktur der politisch zunehmend bedeutungslosen und chronisch klammen Partei geschwächt. Die Ideologie in den Köpfen der Anhänger lässt sich jedoch nicht verbieten. Ein Teil der 6000 Mitglieder würde in Ersatzorganisationen eine neue Heimat finden, ein anderer Teil in klandestinen Gruppen, die der Verfassungsschutz nur noch schwer beobachten könnte. Klar ist auch, dass ein Verbot weder terroristische Aktionen noch Gewalttaten von Rechtsextremistenverhindern kann."
Mit einem NPD-Verbot könne kein einziges Problem gelöst werden, schreiben auch die Badischen Neusten Nachrichten. Vielmehr wäre am nächsten Tag "die nächste Partei gegründet, die finanziell notleidende NPD und ihre Kader wären von ihren finanziellen und sonstigen Altlasten befreit und könnten neu anfangen." Und der Zeitung stellt sich noch eine ganz andere Frage: "Denkt eigentlich niemand an die fatale Konsequenz, dass nach einem Verbot die Polizei anrücken muss, um die Landtagsfraktionen der NPD in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen aufzulösen? Bilder von Polizisten, die frei gewählte Abgeordnete aus dem Parlament tragen, hätten weltweit negative Wirkung und wären ein Schub für alle rechtsradikalen Kräfte."
Auch nach Meinung der Südwest-Presse seien "die Hürden für ein Parteiverbot (…) hoch." Und vor allem bekomme die NPD "die Chance, sich vor Gericht als Opfer eines Staates zu inszenieren, in dem nationales Denken nicht als legitime politische Meinung gilt. Sollte die NPD sogar obsiegen, wäre es ihr größter Triumph und die maximale Blamage des Staates zugleich. Von einem "Restrisiko" zu sprechen, wie es einer der Minister gestern tat, ist untertrieben."
"Ein Verbot hat immer auch einen demonstrativen Aspekt", meint die Stuttgarter Zeitung und fasst die Vorteile zusammen: "Schon das Verbotsverfahren wird die menschenverachtende Ideologie der NPD kenntlich machen, auch die Faszination, die die Gewalt auf diese Partei ausübt. Die stille Zustimmung der Schweigenden, die bis in das bürgerliche Lager hinein reicht, wird aufgebrochen. Ein Verbot wird es danach den Biedermännern schwerer machen, sich mit den Brandstiftern zusammenzutun, zu relativieren, zu verharmlosen."
"Wir kennen ihre Repräsentanten, ihre Sprüche, ihre Ideologie. Reicht das nicht, wird ein Antrag, so ist zu hoffen, vom umfänglichen Material der Geheimdienste gut unterfüttert." Der Tagesspiegel erinnert daran, dass beim letzten Anlauf "im politischen Furor die rechtlichen Hürden unterschätzt" wurden, "diesmal scheint es andersherum zu sein. Doch ein Verbot ist aussichtsreich, und selbst wenn es scheitert, gibt es nötige Klärungen. 2014, ein reelles Jahr für ein Urteil, wird die Nazi-Nachfolgepartei ein halbes Jahrhundert alt. 50 Jahre, in denen sie 'politisch bekämpft' werden sollte, wie es auch jetzt noch viele fordern. Ja, gut - aber vor allem wollen wir, dass es ein Ende hat."
Der General-Anzeiger warnt vor einem nochmaligen Scheitern, denn das "käme einem politischen Offenbarungseid gleich. Die demokratischen Parteien müssten sich eingestehen, dass sie ganz offenbar nicht das Zeug und das (gelieferte) Beweismaterial haben, um einer indiskutablen Nischenpartei vom Schlage der NPD juristisch erfolgreich auch den Geldhahn der staatlichen Parteienförderung abdrehen zu lassen."
Quelle: ntv.de