Pressestimmen

Hahnenkampf in der FDP "Kubicki hat völlig recht"

Hier stimmt die Chemie nicht.

Hier stimmt die Chemie nicht.

(Foto: dpa)

Er hat es wieder getan: Mitten in der Sommerpause haut FDP-Rebell Kubicki auf die Pauke und forderte eine Neuausrichtung der Partei. Die Wahlkämpfer der Liberalen sind empört. Andere schweigen auffällig. Und was sagen die deutschen Tageszeitungen?

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung schreibt: "Man muss die aktuelle Sommer-Intervention Kubickis nicht zu ernst nehmen. Kubicki wird im Zweifel nie so lang provozieren, dass er am Ende selbst die Verantwortung übernehmen muss. Sollte Rösler aber irgendwann doch gehen, dann scheitert weniger er selbst als eine Partei, die ihn einst zum Hoffnungsträger gemacht hat. Das Spiel ginge von vorn los - aber es würde auf lange Sicht immer weniger Zuschauer interessieren."

Die Neue Westfälische meint: "Der Liberalismus hat in Deutschland eine größere Tradition. Sie ergänzt die Freiheit zu selbstständigen Entscheidungen des Einzelnen mit der Verantwortung zu sozialem Engagement und Mitgefühl. Letzteres ist in der Ära Guido Westerwelle amputiert worden. Es war Christian Lindner, der diese Tradition wieder hervorgeholt hat aus den liberalen Kellern. Der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Wolfgang Kubicki hat nun die Rückbesinnung darauf verlangt. Zu Recht. Es kann der Beginn einer umfassenden politischen Wende in Deutschland sein. Nicht ohne Grund entwirft Kubicki zugleich das Bild einer neuen, sozial-liberal-grünen Koalitionsregierung unter Peer Steinbrück. Das ist das neue Wunschziel einer neuen FDP. Christian Lindner wird sie anführen. Gestern schwieg er zu den Ideen seines Parteifreunds. Es war ein sehr lautes Schweigen, das bis nach Berlin zu hören war."

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Die Neue Presse hat sich folgende Meinung gebildet: "Seine Forderung nach einer politischen Neuorientierung der Liberalen liest sich übersetzt wie ein Drei-Punkte-Programm. Erstens: Rösler kann es nicht. Zweitens: Das wird man spätestens sehen, wenn die FDP im Januar aus dem Niedersächsischen Landtag fliegt. Und danach müssen, drittens, er, Kubicki, und der NRW-Gewinner Christian Lindner für die FDP retten, was zu retten ist. So etwas kann man natürlich gerade in Zeiten vorsätzlicher Wähler-Verprellung durch die FDP als konstruktive Kritik missverstehen. Viel wahrscheinlicher ist, dass hier ein karrierebewusster Landespolitiker mit Berlin-Ambitionen das Fell eines lebenden Bärchens verteilen will. Dass er damit seinen wahlkämpfenden Kollegen in Niedersachsen einen Bärendienst erweist, nimmt Kubicki offenbar vorsätzlich in Kauf."

Die Westdeutsche Zeitung kommt zu dem Schluss: "Philipp Rösler droht ein äußerst unangenehmer Herbst. In der Sportberichterstattung gibt es das Sprichwort: "Wenn die Blätter fallen, müssen auch die ersten Trainer gehen." Nicht ausgeschlossen, dass diese Weisheit auch auf den formell obersten Liberalen zutrifft. Es dürfte in den kommenden Monaten eng werden für den Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister. Sein Parteiamt ist in höchster Gefahr."

Die Nürnberger Nachrichten urteilen: "Das Schlimmste aus liberaler Sicht an diesem politischen Meuchelmord: Kubicki hat völlig recht. Drei schonungslose Sätze in einem Interview reichen ihm aus, um klarzumachen, dass die FDP mit Rösler nicht aus der Sackgasse herauskommen wird, in die sie der Vize-Kanzler hineinmanövriert hat. Kubickis Mission: Die FDP vor dem Untergang bewahren. Dafür müssen aus seiner Sicht mindestens fünf Prozent in Niedersachsen her, eine rot-grün-gelbe Machtoption im Bund und Christian Lindner als neuer, starker Mann der Partei. Und Rösler steht dem allen im Weg."

Und der Mannheimer Morgen fasst zusammen: "Rösler mag nett und seriös sein. Aber der Charme des Talents mit der außergewöhnlichen Biografie ist längst verpufft. Der 39-Jährige liegt in Umfragen sogar hinter Vorgänger Westerwelle, dessen immense Unbeliebtheit den Führungswechsel auslöste. Rösler wird laut Forschungsgruppe Wahlen nicht mal mehr zu den zehn wichtigsten Politikern gezählt - für den Vizekanzler absolut blamabel. Mit ihm als Spitzenkandidaten kann die FDP kaum Erfolg haben. Die Frage ist, ob die letzten starken Männer der FDP - Lindner, Kubicki und Fraktionschef Brüderle - warten wollen, bis Rösler die Bundestagswahl in einem Jahr vor die Wand fährt. Eher nein. Allerdings wäre er bei einer Wahlpleite zuvor in seiner niedersächsischen Heimat als Sündenbock nützlich. Bis dahin sind es noch fünf Monate. Das könnte für Rösler eine lange, bittere Zeit werden."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Thomas E. Schmidt

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