Merkollande statt Merkozy Merkel kann "rasch umsteuern"
06.05.2012, 21:29 UhrAngela Merkel muss auf ihren engsten Verbündeten im Kampf gegen die Euro-Krise künftig verzichten. Doch auch wenn sie es mit dem neuen französischen Präsidenten vermutlich schwerer haben wird, François Hollande wird "keine Revolution ausrufen". Auch mit seinem Frankreich wird sich einiges bewirken lassen.

In Zukunft mit Hollande: Angela Merkel wird von nun an wohl mehr strampeln müssen.
(Foto: REUTERS)
Die Frankfurter Rundschau ist sich sicher: "Merkel wäre nicht Merkel, könnte sie nicht rasch umsteuern. Und als wüsste sie nicht, dass das Wahlprogramm eines sozialistischen Kandidaten noch kein Regierungsprogramm ist. Angela Merkel war vier Jahre Kanzlerin einer Großen Koalition. Sie hat mit Franz Müntefering verhandelt und mit Peer Steinbrück regiert. Ideologische Probleme mit Sozialdemokraten, auch wenn sie Sozialisten heißen, kennt sie nicht. Hollande wird keine Revolution ausrufen. (...) Auch in der Vergangenheit war die europäische Krisenpolitik kein Alleingang von Sarkozy und Merkel. Die Symbiose der beiden unter dem Label Merkozy war mehr Marketing als politische Übereinstimmung. Gleichwohl schwächt der Machtwechsel in Frankreich die deutsche Position in der Euro-Krise."
"Sorgen sollte man sich im Berliner Kabinett nicht um den neuen französischen Präsidenten machen, sondern in erster Linie um Frankreich selbst", schreibt die Welt. "Denn in den Wahlen zeigte sich eine Umgruppierung der politischen Kräfte. Kampf gegen Verschuldung und Wachstum sind in einen politisch aufgepeppten Widerspruch geraten. Der Satz, ohne Frankreich gehe nichts in Europa, ist zutreffend; was aber geht mit einem Frankreich, das sich psychologisch gegen die Folgen der Globalisierung sperrt, mit dem Gedanken einer grundlegend anderen Geldpolitik spielt und Austerity für eine teutonische Unart hält? Auch mit einem solchen Frankreich geht einiges, wenn auch nicht alles gut."
"Sarkozy hat sich am 'Pudding' François Hollande die Zähne ausgebissen - so lautet ein Bonmot in Paris. Will heißen: Es ging mehr um die Abwahl von Sarkozy als um die Wahl von Hollande. Wendesehnsucht, wie fast überall in Europa. Der Sozialist profitierte von den Ängsten der Bürger vor den Folgen der Schuldenkrise und der hohen Arbeitslosigkeit", so der Reutlinger General-Anzeiger. "Nur: Mit Heilsversprechen sind die Probleme der Grande Nation nicht zu lösen. Bisher hat er die richtigen Rezepte nicht. Vielleicht moderiert er besser. Eine Hoffnung: Hollandes großes Vorbild, François Mitterrand, hatte nach seinem Sieg nur wenig 'linke' Politik gemacht."
"Für Merkel wird es mit Hollande ungleich schwerer werden, ihre Vorstellungen bei der Euro-Rettung durchzusetzen. Die Rezepte, die in Deutschland funktionieren, können anderswo kläglich versagen - wie die Franzosen gerade in ihrem südlichen Nachbarland Spanien erleben. Die Kanzlerin und der Präsident werden sich trotzdem aufs neue Tandem namens Merkollande setzen - wo die eine strampelt und der andere bremst. Falls sie dabei nicht vom Fleck kommen, gerät der Euro unter die Räder und Deutschland unter noch stärkeren finanziellen Druck. Merkel wird Sarkozy noch sehr vermissen", lautet das Fazit der Mittelbayerischen Zeitung aus Regensburg.
"Natürlich war Sarkozy Merkels Wunschpartner, wenn es um die Rettung des Euro ging. Längst hatte sich der Zappelphilipp zu einem verlässlichen Verbündeten gemausert. Dieses Vertrauensverhältnis muss Hollande erst noch herstellen. Dass er noch am Abend seines Sieges mit Merkel telefonieren wollte, zeigt, dass er die Prioritäten begriffen hat", glaubt die Nürnberger Zeitung. "Im Übrigen gilt, dass die stärksten Verbündeten Berlins im Kampf um eine europäische Haushaltsdisziplin nicht bestimmte ausländische Politiker sind, sondern die Märkte."
Quelle: ntv.de