Pressestimmen

100 Tage Schwarz-Gelb "Merkel regiert mit Mimosen-Koalition"

Die Schonfrist für die schwarz-gelbe Koalition ist vorbei - doch Union und FDP attackieren sich weiter. Kanzlerin Angela Merkel zieht ungeachtet des Gezänks eine positive Zwischenbilanz der ersten 100 Regierungstage, stellt die Koalition aber darauf ein, dass in der Krise noch viel Arbeit vor ihr liegt.

In ihren gut drei gemeinsamen Monaten haben Union und FDP gemerkt, dass das Regieren in der "Wunsch-Koalition" schwerer ist als gedacht.

In ihren gut drei gemeinsamen Monaten haben Union und FDP gemerkt, dass das Regieren in der "Wunsch-Koalition" schwerer ist als gedacht.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Die Ernüchterung, die nach 100 Tagen Schwarz-Gelb vorherrscht, ist bemerkenswert, wenngleich nicht im Sinne der Vorbeter einer 'geistig- moralischen Wende', stellt der Westfälische Anzeiger fest. Dabei seien es ungreifbare Formulierungen wie diese, die hängengeblieben seien; vielleicht, so das Blatt weiter, "weil greifbare schwarz-gelbe Politik noch rar ist. Wenig partnerschaftliche Zerstrittenheit, Spiele auf Zeit wie bei der Steuerreform und ein Gesundheitsminister, der schon jetzt mit Abschiedsszenarien liebäugelt: Eine Politik der sicheren Hand sähe anders aus". Für diese Erkenntnis, so die Zeitung aus Hamm, "waren 100 Tage voll ausreichend".

Für die Frankfurter Rundschau ist klar: "Die FDP hat mit einem Wahlergebnis von mehr als 14 Prozent plötzlich größere Hoffnungen zu erfüllen. Und sie ist damit bislang überfordert. Sie bedient den Verdacht auf Klientelpolitik vortrefflich. Damit verspielt sie nachhaltig die Chance, sich über ihre Stammklientel hinaus zu etablieren. Die Liberalen haben es dabei mit einer Union zu tun, die unter keinen Umständen als das neoliberale Gespenst dastehen will, das die Opposition vor der Wahl gezeichnet hat".

"Die FDP hat es in hundert Tagen fertig gebracht, die alten Vorurteile gegen sie wiederzubeleben" ist in der Süddeutschen Zeitung zu lesen. Das Münchner Blatt bedient sich eines Beispiels aus der Natur und schreibt: "Westerwelle (...) reagiert mimosenhaft. Die Mimose ist eine Pflanze, die in Sekundenschnelle auf Erschütterung und Abkühlung reagiert. An der betroffenen Stelle der Pflanze werden dann die Blätter eingeklappt". So verhalte sich Westerwelle, die FDP und ähnlich auch die CSU: "Sie hat einen mimosigen Parteichef, sie verfügt über Stacheln, wie sie den Zweigen der Mimose eigen sind; und sie hat schöne Staubblätter in Gestalt von Baron Guttenberg. Angela Merkel regiert also mit einer Mimosen-Koalition. Mimosen sind Hülsenfrüchtler. Bisher hat man die Hülse gesehen. Es wird Zeit für die Frucht."

Auch die Berliner Zeitung fällt nach den ersten hundert Tagen der schwarz-gelben Koalition ein barsches Urteil über Westerwelles FDP: "Die können das nicht. Die sind nicht regierungsfähig. Mit denen hat sich Angela Merkel eine unberechenbare Chaostruppe ins Kabinett geholt. Der kleine Koalitionspartner ist mit sich nicht im Reinen und macht nach der Wahl fast alles anders, als vor der Wahl angekündigt. (...) Angela Merkel regiert mit Leuten, die in der politischen Pubertät stecken. Wenn sie nicht bald erwachsen werden, stehen uns noch weitere 1.360 Tage mit viel Geschrei und falschen Entscheidungen bevor."

Doch, so die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg, Angela Merkel brauche sich nicht zu grämen. Ginge es nach ihren Sympathiewerten in Meinungsumfragen, habe die Kanzlerin alles richtig gemacht: "Sie ist die große Dame der Politik. Dies gilt auch zum Ende der 100-Tage-Schonfrist der schwarz-gelben Koalition. Merkel besitzt politischen Machtinstinkt. Sie weiß, dass die Legislaturperiode ruppig und nicht einfach werden wird. Um die CDU als Volkspartei auf Kurs zu halten, setzt sie in Zeiten der Angst um den Arbeitsplatz und vor der Zukunft auf einen starken Staat. So falsch ist diese Strategie nicht. Denn gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ein Garant des Erfolges. Angela Merkel ist dort, wo Schwarz-Gelb noch hin möchte: Auf dem Gipfel der Macht."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf

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