Pressestimmen

"Quatsch nicht so viel!" Papst empört mit Klaps-Aussage

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Papst Franziskus hält es für vertretbar, wenn Kinder hin und wieder einen Klaps bekommen. Die Empörung über diese Aussage ist groß - auch bei den deutschen Tageszeitungen. Sie empfehlen einen Schäferhund, halten das päpstliche Weltbild für bestenfalls unbedarft, fordern aber auch, die Kirche im Dorf zu lassen.

"Papst Franziskus hat sich bisher viel Anerkennung erworben - als Stimme der Gerechtigkeit und als Kirchenoberhaupt, das nicht davor zurückschreckt, die Verkrustungen der Kurie zu geißeln. Doch seine jüngste Generalaudienz zur Rolle von Vätern wirft die Frage auf, ob sein Weltbild an manchen Stellen nicht überarbeitungsbedürftig ist." Der Papst sollte sich korrigieren, finden die Lübecker Nachrichten, und "nicht jenen Schützenhilfe leisten, die Gewalt für ein normales Erziehungsmittel halten. Vielleicht kann man Franziskus selbst zitieren. Die Nächstenliebe in die Tat umzusetzen ist die beste Art, das Evangelium zu verkünden. Das gilt ja wohl auch für Kinder."

" Im Bereich der Humanwissenschaften, der Psychologie des Einzelnen und der Gesellschaft offenbart der Papst immer wieder einen Kenntnisstand und ein Reflexionsniveau, die bestenfalls unbedarft zu nennen sind." Aber auch den Ausdruck "borniert" findet die Frankfurter Allgemeine Zeitung nicht abwegig. "Wenn es dem Papst um das Wohl der Kinder geht (die er selbst nicht hat), dann darf er nicht so leichtfertig Bemerkungen machen, die schwerwiegende Folgen haben. ,Klare Sprache' - vielleicht. Aber hier ist eine Sprache zu hören, die verquerem Denken und üblem Tun Vorschub leistet. Gerade ein Papst sollte nicht über Dinge reden, von denen er eine Meinung, aber offenbar keine Ahnung hat."

Das findet auch der Kölner Stadt-Anzeiger: "Erweckt der Papst auch nur den Anschein, er verharmlose familiäre Gewalt, die in Deutschland aus gutem Grund unter Strafe steht, ist das in erster Linie schlimm für die Kinder, die solchen Methoden der 'Erziehung' ausgesetzt sind. Es beschädigt aber auch die Autorität des Papstes. Wer holt ihn auf der Popularitätswelle vom Surfbrett und erinnert ihn an das Wort Jesu: 'Die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben.' In der einfachen Sprache des Papstes heißt das: Quatsch nicht so viel!"

"Wer habe nicht schon einmal ein Kind gezüchtigt, heißt es beschwichtigend als Reaktion auf den Protest, der über Franziskus' erzieherisch wertvolle Tipps niederhagelte. Ein Klaps geht also klar, weil es alle machen?" Die Die Nordsee-Zeitung aus Bremerhaven ist entsetzt und wird konkret: "Es braucht keine Super-Nanny, um zu wissen: Wer der Ansicht ist, dass Kinder 'gehorchen' müssen, sollte sich einen Schäferhund anschaffen. Eine Kirche, die sich massiven Vorwürfen zu körperlichem Missbrauch in ihren Schulen ausgesetzt sieht und nun auch noch die These 'ein kleines bisschen Haue hat noch niemandem geschadet' vertritt, muss ihr Verständnis von Pädagogik wohl dringend mal überdenken."

Man solle "die Kirche im Dorf lassen", fordert hingegen die Märkische Oderzeitung: "Dieser Papst ist dieser Äußerung wegen nicht gleich ein Prügel-Papst. Seine Worte indes offenbaren einen ziemlich flapsigen Umgang mit einem Problem, das im Alltag viel ernster ist. Da ist ein 'Klaps' oft nur der Auftakt zu Schlimmerem, das Wort selbst nur eine volkstümlich verharmlosende Umschreibung von physischer Gewalt Erwachsener gegen Kinder. Wer die Statistiken über misshandelte Kinder zur Kenntnis nimmt, dem vergeht schnell das Lachen. Da weicht der laxe Umgang mit dem Thema oft Entsetzen und Fassungslosigkeit."

Für seine Aussage habe der Papst nun "seinerseits Haue bezogen", schreibt der Tagesspiegel aus Berlin und erinnert daran, dass die Predigt von Franziskus eigentlich in eine ganz andere Richtung weise: "Das Vater-Bild, das Franziskus zeichnet, ist ungeheuer modern und greift aktuelle Probleme auf. Das wichtigste Anliegen ist Franziskus die Anwesenheit des Vaters in der Familie. Er müsse an der Seite der Frau stehen und alles mit ihr teilen, 'Freude und Schmerz, Mühen und Hoffnung'. Die vaterlose Familie ist ein großes Thema in der von Franziskus umworbenen Welt der Favelas, wo die Väter sich aus dem Staub machen oder im Knast sitzen. Aber auch in Deutschland, wo es in rund einem Fünftel aller Familien nur ein Elternteil gibt - meist die Mutter."

Quelle: ntv.de

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