Pressestimmen

Streit um Steuerdatenkauf "So viel zur Moral"

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In der Vergangenheit hat das NRW-Finanzministerium bereits mehrfach bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehungen auf den Kauf von Datenträgern mit Informationen über deutsche Steuersünder zurückgegriffen. Im jüngsten Fall sprechen Insider von einem "ganz dicken Ding". Das Ministerium erwarb Steuer-CDs, welche vor allem Daten der Schweizer Bank UBS enthalten sollen. Es handelt sich dabei offenbar um Informationen über Stiftungen, die deutsche Kunden zur Steuerhinterziehung nutzen. Das Land erhofft sich durch den Kauf, die Steuereinnahmen drastisch zu erhöhen. In der deutschen Presse stößt diese Vorgehensweise auf Kritik.

Der Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz ist durch den Ankauf von Steuer-CDs durch das NRW-Finanzministerium erneut aufgeflammt.

Der Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz ist durch den Ankauf von Steuer-CDs durch das NRW-Finanzministerium erneut aufgeflammt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Westfälische Nachrichten fürchten durch den Kauf eine Gefährdung des Deutsch-Schweizer Steuerabkommens: "Jeder CD-Kauf ist ein Schuss gegen das geplante Abkommen, mit dem Deutschland und die Schweiz das leidige Thema Steuerflucht aus der Welt schaffen wollen. Die Fiskal-Regelung ist überfällig. Schließlich hat der Streit seit den Schweizer Haftbefehlen gegen drei NRW-Finanzbeamte längst kritische Ausmaße erreicht. Jetzt deutet alles auf ein Scheitern des Abkommens hin. Offen ist nur noch, wer es schneller kippen wird: die zerstrittene deutsche oder die brüskierte Schweizer Seite?"

Auch die Märkische Oderzeitung kritisiert die Aktion des NRW-Finanzministeriums im Hinblick auf die Regierungsvereinbarung beider Staaten. Der deutsch-schweizerische Kompromiss verdiene es akzeptiert zu werden: "Schließlich kommen die Steuerflüchtlinge nicht vollkommen ungeschoren davon - sie werden zumindest an einer empfindlichen Stelle gepackt: beim Kontostand. Der ist ihnen ja besonders wichtig. Wer den Deal platzen lässt, kann zwar das große Wort von der Steuergerechtigkeit vor sich hertragen. Und heldenhaft ein anderes, wirklich gutes Abkommen fordern." Darauf allerdings werde sich die Schweizer Regierung nicht einlassen. Dies hätte laut Zeitung zur Folge: "Deutsche Behörden tummeln sich auch in Zukunft mit zwielichtigen Zeitgenossen, die Kundendaten von Banken stehlen - um zumindest Millionen statt Milliarden nach Deutschland zurückzuholen. Und das wäre ein auf Dauer äußerst unappetitlicher Zustand."

Eher kritisch gegenüber dem Abkommen zeigt sich der Kölner Stadt-Anzeiger: "In dem Abkommen mit der Schweiz sind Verjährungsfristen vorgesehen und Steuersätze, die deutlich unter den deutschen liegen. Zudem verlässt man sich zu sehr auf die freundliche Kooperation mit den Geldinstituten, die deutschen Bürgern jahrzehntelang halfen, Steuern zu hinterziehen." Die Regierung behaupte, keine weiteren Forderungen durchsetzen zu können. Die Praxis des Steuer-CD-Erwerbs sei jedoch auch keine Lösung, so die Zeitung. "Bundesfinanzminister Schäuble wird sich zu Nachverhandlungen nach Bern aufmachen müssen. Damit das unwürdige Spiel am Daten-Schwarzmarkt endlich ein Ende haben kann."

Die Süddeutsche Zeitung hingegen führt ein Argument eher juristischer Natur zu Felde. Den "deutschen Sozialdemokraten" gehe es nicht wie behauptet um "Recht, Moral und Gerechtigkeit", da es sich bei den erworbenen Steuer-CDs um eine gestohlene Ware handele: "Der Ankauf von Diebesgut ist auch nach deutschem Recht illegal - egal ob es sich um gestohlene Chagalls, Cadillacs oder CDs handelt. Strafmildernde Umstände etwa in höherem Interesse sieht der Hehlerei-Paragraf 259 des deutschen Strafgesetzbuches nicht vor, es sei denn, man erhöbe die zynische Maxime, wonach der Zweck die Mittel heiligt, zur Doktrin staatlichen Handelns. So viel zur Moral."

Das Delmenhorster Kreisblatt schiebt die juristischen Einwände beiseite und meint: "Es geht bei dem Streit um den Ankauf von Steuer-CDs aus der Schweiz nicht wirklich um die gute alte Juristerei. Und es geht leider auch nicht um die Eindämmung von Steuerbetrug. Was die Unionsparteien auf der einen und nicht zuletzt auch Rot-Grün auf der anderen Seite treiben, ist nichts anderes als knallharte Politik. Geholfen ist damit allerdings niemandem - außer natürlich jenen Millionären, die keine Lust haben, hierzulande Steuern zu zahlen."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Aljoscha Ilg

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