Pressestimmen

Anklage gegen Hoeneß wegen Steuerhinterziehung "Sollte nicht noch dritten Fehler machen"

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Für Uli Hoeneß wird es ungemütlich: Der Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München muss sich im kommenden Frühjahr wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten. Hoeneß selbst gibt sich angesichts seiner vorausgegangenen Selbstanzeige "überrascht". Stellt sich die Frage, was der Bayern-Patriarch erwartet hat und (vor allem) wie es mit ihm weitergeht: Den Fiskus um Millionen betrügen, und trotzdem in Amt und Würden bleiben? Für Christian Bartlau von n-tv.de "schwer vorstellbar". Und was sagen die Kommentatoren der deutschen Zeitungen?

Uli Hoeneß

Uli Hoeneß

(Foto: REUTERS)

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen: "Richtig bleibt (...), dass Hoeneß sich (...) selbst anzeigte. Diese Selbstanzeige, die zur Strafbefreiung führen kann, reichte aber in den Augen der Ermittler nicht aus, war fehlerhaft. Allerdings können heutzutage selbst Fachleute kaum eine fehlerfreie Steuererklärung oder Selbstanzeige garantieren - zu wirr ist das Steuerrecht. Das entschuldigt Hoeneß natürlich nicht. Aber privilegiert ist er auch nicht: Zwar haben nur wenige wie er das Geld für eine gute Beratung und Verteidigung. Aber bei den üblichen Verdächtigen wird auch nicht das Steuergeheimnis verletzt. Dabei ist diese Vertraulichkeit Voraussetzung dafür, dass der Staat die Mitwirkung des Bürgers verlangen kann. Gewiss hat Ruhm auch seinen Preis, aber ein öffentlicher Pranger stößt sich an rechtsstaatlichen Prinzipien, die nun einmal für alle gelten".

"Uli Hoeneß ist eigentlich ein ganz normaler Mensch. Und ganz normale Menschen machen Fehler", ist in der Thüringischen Landeszeitung zu lesen. Wichtig dabei aber sei, "(…) dass man sich den Folgen dieser Fehltritte auch stellen muss und sich nicht aus der Verantwortung 'kaufen' darf". (...) Und so befürchtet das in Weimar herausgegebene Blatt, dass Uli Hoeneß, der "eigentlich ein ganz normaler Mensch" ist, "dank seiner gut bezahlten Anwälte mit einem blauen Auge davonkommt. So wie schon so viele Sünder, die eigentlich keine kleinen Fische sind".

Der Mannheimer Morgen rät dem Angeklagten seine Ämter beim FC Bayern München niederzulegen: "Nachdem dem erfolgreichen Unternehmer und noch erfolgreicheren Fußballfunktionär bereits zwei folgenschwere Fehler (Steuerhinterziehung und unvollständige Selbstanzeige) unterlaufen sind, sollte er nicht noch einen dritten machen - und sowohl die Präsidentschaft des FC Bayern München als auch den Vorsitz des Aufsichtsrats von sich aus niederlegen. Dem 61-Jährigen kann nicht daran gelegen sein, seinem Verein ernsthaft zu schaden - doch genau dieser Schaden träte ein, würde Uli Hoeneß an beiden Top-Positionen uneinsichtig festhalten".

Auch die Neue Presse plädiert für einen Rücktritt: "Hoeneß hat immer betont, Steuern als Privatmann hinterzogen zu haben, dafür auch gerade stehen zu wollen. Doch eine Trennung zwischen Persönlichem und Präsident fällt schwer, denn Hoeneß steht wie kein Zweiter für den FC Bayern. Schon deshalb muss die Klubführung - aller Treueschwüre zum Trotz - neu abwägen, sollte Hoeneß vom Gericht rechtskräftig verurteilt werden". Für den Kommentator des in Hannover herausgegebenen Blattes steht fest: "Der derzeit sportlich erfolgreichste Verein Europas kann es sich eigentlich nicht leisten, einen vorbestraften Präsidenten zu haben".

Für den Kölner Stadtanzeiger ist es unwahrscheinlich, dass sich der FC Bayern München gegen seinen Präsidenten stellen wird: "Erst seit der Bundesgerichtshof die Steuerhinterziehung zum seriösen Delikt erklärte und verfügte, dass ab einer Million Euro hinterzogener Steuern Täter ins Gefängnis müssen, hat sich herumgesprochen, dass der Steuerbetrug gegen die Compliancekultur der Gesellschaft verstößt. Nur die Sponsoren und die Mitglieder des Aufsichtsrats des FC Bayern München haben das noch nicht begriffen." Für den Kommentator aus Nordrhein-Westfalen ist es nach wie vor fraglich, ob "Hoeneß am Ende eine Freiheitsstrafe verbüßen muss". Sicher scheint ihm aber: "Selbst dann würden ihn seine ehrenwerten Freunde wohl bitten, Präsident zu bleiben".

Dem Ganzen etwas Gutes abgewinnen können die Nürnberger Nachrichten: So habe die Berichterstattung über den Steuerbetrug von Hoeneß "(…) mehr als 15.000 Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern ausgelöst, die kalte Füße bekommen haben. Das schlechte Gewissen der Damen und Herren werde wohl allein in diesem Jahr bis zu 600 Millionen Euro Steuermehreinnahmen bringen, schätzt die Steuergewerkschaft. Eine Summe, die bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin als Argumentationshilfe genügen sollte, um das Thema Steuerbetrug ganz nach oben auf die Tagesordnung zu setzen".

Zusammengestellt von Susanne Niedorf

Quelle: ntv.de

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