Pressestimmen

Union und FDP auf Sozialkurs "Vielleicht nur ein soziales Feigenblatt"

(Foto: dpa)

Union und FDP haben beschlossen, was alle Parteien für richtig halten: Das Schonvermögen von Hartz-IV-Empfängern soll erhöht, die Grenze für den Zuverdienst ebenfalls nach oben gesetzt werden. Einige Kommentatoren sind überrascht: Ausgerechnet Schwarz-Gelb stellt Hartz-IV-Empfänger besser!

In dieses Horn stoßen die Lübecker Nachrichten: "Das ist schon ein Coup! Ausgerechnet Schwarz-Gelb, im Wahlkampf zum Synonym für kalten Sozialabbau gestempelt, einigt sich als erstes auf mehr soziale Fürsorge." Zugleich liefert die Zeitung eine Einschränkung: "Ist das gerecht? Ja und nein. Nein, weil eigentlich nur demjenigen unter die Arme gegriffen werden sollte, der sich nicht selbst helfen kann. Ja, weil es die Bereitschaft fördert, zu arbeiten und für sich selbst zu sorgen. Es war einer der Konstruktionsfehler von Hartz IV, dass eigene Vorsorge nicht belohnt, sondern bestraft wurde."

Die Allgemeine Zeitung aus Mainz glaubt, dass diese Ankündigung als "Fanal" gedacht ist, als "leuchtendes Aufbruchssignal für Schwarz-Gelb". "Die Verfechter der Marktwirtschaft wenden sich also, satirisch zugespitzt formuliert, den Armen, Mühseligen und Beladenen zu. Gut so. Ein Herzstück der Agenda 2010, von Steinmeier erdacht, von Schröder verkündet, von weiten Teilen der SPD-Basis gehasst und nun von Union und FDP gemildert: Das wird seine Wirkung nicht verfehlen, zumindest psychologisch."

Ganz nüchtern weist derweil die Frankfurter Allgemeine Zeitung darauf hin, dass Schwarz-Gelb nur einen weiteren Abschnitt auf der "Dauerbaustelle Hartz IV" in Ordnung bringen will ­ "bevor jemand die Karlsruher Kehrmaschine in Gang setzt". Denn die bisherige Regelung "war so offenkundig ungerecht, dass ihre Reform schon länger angemahnt wurde".

Mit dem Hinweis auf die im nächsten Jahr anstehenden Wahlen in Nordrhein-Westfalen legt das Obermaintagblatt aus Lichtenfels den Finger in die Wunde: "Von Neoliberalismus bei Schwarz-Gelb keine Spur, Beobachter sprechen schon von einer Sozialdemokratisierung im bürgerlichen Lager. Vielleicht ist das Ganze aber auch nur ein soziales Feigenblatt. Klarheit werden wir erst viel später haben. Wenn die Etatlöcher unerträglich werden und im Mai die für die Bundesratsmehrheit entscheidende Landtagswahl in NRW gelaufen ist."

Quelle: ntv.de, hvo

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