Pressestimmen

Urteil im Brunner-Prozess "War das alles?"

Sein Tod erschütterte vor einem Jahr Deutschland: Der Manager Dominik Brunner starb nach einer Schlägerei mit zwei Jugendlichen, vor denen er mehrere Schüler beschützen wollte. Für das Gericht war es Mord, und es fällte jetzt ein hartes Urteil: Der 19-jährige Haupttäter Markus S. bekam neun Jahre und zehn Monate Haft wegen Mordes. Gegen den 18 Jahre alten Mittäter Sebastian L. verhängte die Jugendkammer sieben Jahre wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge. Die Reaktionen der deutschen Zeitungen sind einhellig.

Für die Münchner Richter hat der Haupttäter, Markus S., einen Mord begangen.

Für die Münchner Richter hat der Haupttäter, Markus S., einen Mord begangen.

(Foto: REUTERS)

"War das alles?", fragt die Frankfurter Allgemeine Zeitung provozierend. "Weniger als zehn Jahre Haft für die beiden jungen Männer, die Dominik Brunner gewaltsam ums Leben brachten. Die Täter werden bald wieder unter uns sein. Als bessere Menschen? Die Strafe ist nur eine späte Reaktion. Der sofortige Ruf nach schärferen Sanktionen ist ein beliebtes Mittel, um sich mit Ursachen und Folgen einer Tat gar nicht auseinanderzusetzen. Ähnlich ist es mit dem Lob der Zivilcourage. Der umgebrachte Helfer wird als Vorbild gepriesen. Auf ziemlich missverständliche Weise heißt es, Brunner habe alles richtig gemacht. Das Urteil sei, so der bayerische Innenminister, ein 'klares Signal, dass wir brutale Gewalt nicht dulden oder uns gar damit abfinden'. Wirklich?"

Die in Heidelberg herausgegebene Rhein-Neckar-Zeitung erachtet den Richterspruch als ein "ein hartes Urteil, ein notwendiges Urteil". Der Vorsitzende Richter der Jugendkammer am Münchner Landgericht, Reinhold Baier, habe korrekt gehandelt. Er "hat die Mordanklage gegen den Haupttäter im Fall Brunner nicht umbiegen lassen in einen absurden Tatbeteiligungsvorwurf gegen das Opfer, das seine Zivilcourage mit dem Leben bezahlte. Grausamkeiten gegen die Unversehrtheit anderer sind Teil der Jugendkriminalität. Dagegen setzt dieses Urteil Zeichen. Denn inzwischen ist ein Stück des gesellschaftlichen Konsenses zerbrochen: Zwar hat der Schutz des Lebens absoluten Rang. Das ist bei vielen Jugendlichen auf dem Weg über Erziehung und Schule jedoch nicht angekommen".

Für die Nürnberger Zeitung zieht das Gericht mit seinem Urteilsspruch eine notwendige Konsequenz: "Wer immer wieder mit größter Wucht gegen Kopf und Unterleib eines hilf- und wehrlos am Boden liegenden Menschen tritt, handelt vorsätzlich, aus niedrigsten Beweggründen und nimmt den Tod des Opfers billigend in Kauf. Kommt hinzu, dass wie im Fall von Markus S. und Sebastian L., die Täter bereits mehrfach einschlägig mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, kann ein Richter kaum Milde walten lassen. Im Gegenteil: Die Schläger von Solln müssen sogar damit rechnen, nach Verbüßung ihrer Strafe in nachträgliche Sicherheitsverwahrung zu kommen".

Der Mannheimer Morgen bezeichnet die beinahe zehn Jahre Haft für den Haupttäter Markus S. als "harte Strafe". Schließlich könne der genaue Ablauf der Tat nicht endgültig geklärt werden. "Trotzdem: Das Landgericht ist völlig zurecht den Forderungen der Staatsanwaltschaft gefolgt. Trotz der Diskussion um Brunners Rolle zu Beginn des Kampfes: Er bleibt ein unschuldiges Opfer, das sich schützend vor Schwächere gestellt hat. Er hat Zivilcourage bewiesen in einer Situation, in der andere weggeschaut haben. Sicherlich hat Brunner nach Verlassen des Zuges nicht alles richtig gemacht. Aber er befand sich in einer unübersichtlichen Ausnahmesituation mit ungewissem Ausgang. Nachvollziehbar und menschlich, dass ein unbescholtener Bürger, der damit zum ersten Mal konfrontiert ist, falsch reagiert."

Und auch die Dithmarscher Landeszeitung fragt sich: "Wie soll sich ein Zeuge einer derartigen Bedrohungssituation verhalten? Eingreifen oder es aus Eigenschutzgründen lieber lassen? Scheinbar schlaue Ratschläge mit moralisierendem Anstrich sind schnell gegeben, aber dann, wenn es drauf ankommt, oft nicht so leicht umzusetzen. Im Fall Brunner sind die Urteile gegen die skrupellosen Schläger gesprochen. Diese kommen mit Haftstrafen jeweils unter zehn Jahren gut davon. Was über den Tag hinaus bleibt, ist das Entsetzen über ihre Tat".

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf

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