Prozess gegen Ägyptens Ex-Machthaber Mubarak "Wasser auf Mühlen der Muslimbrüder"
03.08.2011, 21:53 UhrDer frühere ägyptische Machthaber Mubarak erscheint vor Gericht - liegend im Bett, aber dann mit fester Stimme sprechend. Es ist das erste Mal, dass einem ehemaligen Despoten in Arabien der Prozess gemacht wird. Und das ohne internationale Hilfe. Die Presse sieht darin ein Signal für die gesamte arabische Welt - und warnt vor zu drastischen Strafen ebenso wie vor den Muslimbrüdern.
"Die Bedeutung des Prozesses gegen Husni Mubarak kann man kaum überschätzen", bewertet die Frankfurter Rundschau die Vorgänge in Ägypten. "Dass sich ein Herrscher für seine Missetaten verantworten muss, nachdem er vom eigenen Volk abgesetzt wurde, ist in Arabien ein Novum." Bisher seien Potentaten dort nur auf zwei Wegen aus dem Amt geschieden: "Entweder sie vererbten den Staat ihrem Sohn oder sie wurden ermordet." In beiden Fällen sei es egal gewesen, wie sie ihre Amtszeit bestritten hatten. Im Prozess gegen Mubarak werde sich die arabische Welt "erstmals ernsthaft mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen". Wichtig sei das, weil "Werte wie persönliche Verantwortung und die Idee einer unabhängigen Justiz" damit Einzug hielten.
Die Landeszeitung aus Lüneburg sieht Mubarak als "gedemütigten, hilflosen Angeklagten", der als einst allmächtiger "Pharao" ein Signal aussendet, "an Despoten wie Syriens Assad: Ihr könnt Euch nicht sicher sein!" Das Signal an die Ägypter sei jedoch zwiespältig. "Der, der Eure Würde antastete, ist nicht mehr unantastbar. Aber auch: Wenn wir den "Pharao" opfern, bleiben seine bisherigen Hohepriester unangetastet". Die Unzufriedenheit im Volk mit der steckengebliebenen Revolution wachse, "vor der Wahl im November bedeutet dies Wasser auf die Mühlen der Muslimbrüder, die die Revolution vollenden wollen."
"Ob der 30 Jahre herrschende Landesvater tatsächlich die Tötung von Demonstranten angeordnet hat", dürfte sich nach Ansicht der Dresdner Neueste Nachrichten schwer beweisen lassen. "Und Amtsmissbrauch und illegale Bereicherung sind auch Ex-Verteidigungsminister und Ex-Geheimdienstchef vorzuwerfen. Beide aber bekleiden noch immer Posten in der Übergangsregierung." Es hänge viel davon ab, "ob das Gericht und hinter ihm die neuen Machthaber in Kairo ein Exempel statuieren wollen oder auf Versöhnung setzen".
Der neue Tag hält die Aussage Mubaraks, er sei unschuldig, für unwichtig. "Das ändert aber nichts daran, dass auch Diktatoren sich für ihre Taten rechtfertigen müssen", heißt es in der Zeitung aus Weiden. Die Ägypter sollten aber auf eine Todesstrafe verzichten, denn "alles andere wäre einer demokratischen Revolution unwürdig".
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Roland Peters