Pressestimmen

Annans Friedensplan für Syrien "Wunschdenken des Westens"

Baschar al-Assad präsentiert sich volksnah bei einem Besuch in der zerstörten Stadt Homs.

Baschar al-Assad präsentiert sich volksnah bei einem Besuch in der zerstörten Stadt Homs.

(Foto: dpa)

Nach langem Bemühen gelingt es dem Syrien-Sondergesandten Kofi Annan, die syrische Regierung zu seinem Friedensplan zu überreden. Der diplomatische Erfolg wird zwar als erster Schritt und einzige Chance für einen Frieden gesehen. Über die Skrupellosigkeit des Assad-Regimes macht sich die Presse allerdings keine Illusionen.

Skeptisch zu Annans Friedensplan äußert sich der Reutlinger General-Anzeiger: "Noch wird in Syrien gekämpft und noch ist ungewiss, ob es dort je eine UN-Beobachtermission geben wird. Die Aufständischen halten davon nichts. Auch dass Assad selbst UN-Blauhelme ins Land lassen wird, ist unwahrscheinlich." Das Blatt aus Baden-Württemberg sieht in dem Plan allerdings auch die einzige Chance, überhaupt zu einem Frieden in Syrien zu kommen. "Auf dem gestern im Irak gestarteten Gipfel der Arabischen Liga allerdings wird es keine Rücktrittsforderung mehr an Assad geben. Dort will man auch die kleinste Chance, die der Friedensplan bietet, nicht gefährden."

Ähnlich pragmatisch sieht es der Münchner Merkur: "Der Annan-Plan ist ein erster kleiner Schritt in Richtung auf einen Frieden, der noch sehr weit entfernt ist." Das Blatt kritisiert aber: "Die größte Schwachstelle des von Annan präsentierten Friedensplans ist, dass in ihm von Präsident Baschar al-Assad und einem raschen Ende der Allmacht seines Clans nicht die Rede ist."

Die Stuttgarter Zeitung sieht Assad in der Zange: "Angesichts dieses Rundum-Drucks hat Assad jetzt Kofi Annans Friedensplan offiziell akzeptiert. (…) Folgt er wirklich den Forderungen des früheren UN-Generalsekretärs, muss er seine Panzer aus den Wohngebieten zurückziehen, die Gefangenen freilassen, Journalisten freien Zugang gewähren und mit der Opposition Gespräche über die künftige Machtverteilung aufnehmen." Die Stuttgarter Zeitung macht hier ein martialisches Szenario auf: "Dann aber werden die Menschen in Syrien nicht mehr zu halten sein. Dann wird sich die Wut gegen das Regime frei entladen - und Assad rasch hinwegfegen."

Die Neue Osnabrücker Zeitung sieht in Assads Zustimmung zum Friedensplan nur eine neue Strategie des syrischen Präsidenten: "Während die Vereinten Nationen gestern meldeten, dass Syriens Machthaber Baschar al-Assad dem Friedensplan von UN-Vermittler Kofi Annan zugestimmt habe, schoss die syrische Armee weiter auf Aufständische. Denn Assad ist skrupellos, aber nicht dumm." Die Zeitung aus Osnabrück vermutet: "Hinter seinem scheinbaren Einlenken (steckt) eiskaltes Kalkül. Punkt eins in Annans Sechs-Punkte-Plan sieht die Zusammenarbeit aller Beteiligten beim politischen Prozess vor. Der syrische Präsident kann damit rechnen, dass die Opposition sich niemals auf Gespräche mit ihm einlassen würde."

Der Donau-Kurier warnt davor, sich angesichts des Friedensplans Illusionen zu machen: "Es könnte Kofi Annans großer Wurf werden: ein Waffenstillstand in Syrien, ein Präsident, der mit den Regimegegnern spricht. Das aber ist Wunschdenken im Westen." Die Zeitung aus Ingolstadt zeigt Verständnis für die bewaffnete Opposition in Syrien. "Ohne Hilfe von außen müssen sich die syrischen Rebellen selbst Stadt für Stadt, Straße für Straße erobern. Das kann dauern - wenn es denn überhaupt klappt."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Nora Schareika

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