Ratgeber

Kompliziertes Erbrecht Vorsicht bei der Rücknahme älterer Testamente

Es kann vorkommen, dass sich die Erben­stellung aus einem älteren Testament ergibt, wenn das aktuelle darauf Bezug nimmt.

Es kann vorkommen, dass sich die Erben­stellung aus einem älteren Testament ergibt, wenn das aktuelle darauf Bezug nimmt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ein letzter Wille gilt eigentlich als widerrufen, wenn das entsprechende Schriftstück aus amtlicher Verwahrung zurückgenommen wird. Aber es gibt Ausnahmen.

Wer für die Zeit nach seinem Tod bereits vorgesorgt hat, ändert oder präzisiert seinen letzten Willen in den Jahren vor seinem Ableben oft noch mal. Testamente, die sich in amtlicher Verwahrung befinden, werden so immer mal wieder aus­gewechselt.

Denn es kann vorkommen, dass sich die Erben­stellung aus einem älteren Testament ergibt, wenn das aktuelle darauf Bezug nimmt. Und das, obwohl das ältere Testament aus der amtlichen Verwahrung genommen wurde und damit eigentlich als widerrufen gilt. Dieses Urteil hat das Oberlandes­gericht (OLG) Frankfurt (Az.: 20 W 9/20) gesprochen.

Wie war der Fall?

Ein Mann verstirbt 2017 verwitwet und kinderlos. 2012 gibt er ein notarielles Testament, in dem er eine Alleinerbin einsetzt, beim Nachlass­gericht in amtliche Verwahrung. Kurz vor seinem Tod verfasst der Mann aber ein weiteres notarielles Testament. Darin verfügt er, dass das Testament von 2012 bestehen bleibt. Er benennt nur ergänzend einen Ersatzerben.

Auch das Testament von 2017 gibt er in amtliche Verwahrung und nimmt gleich­zeitig das von 2012 aus der amtlichen Verwahrung zurück, um keine Verwirrung zu stiften. Die 2012 eingesetzte Alleinerbin hält sich für seine Rechts­nach­folgerin. Das Nachlass­gericht erteilt ihr aber nicht den von ihr beantragten Erbschein, weil das Testament von 2012 durch die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung widerrufen sei.

Gericht verneint Widerruf des Testaments von 2017

Mehr zum Thema

Zu Unrecht, urteilen die Richter. Denn zurück­gegeben und damit widerrufen wurde nur das Testament von 2012, nicht hingegen das von 2017. Damit ist das neuere Testament nicht widerrufen, auch wenn es auf das ältere Bezug nimmt. Es behält daher Gültigkeit.

Das Testament von 2017 enthielt zwar keine unmittelbare Erb­einsetzung der Antrags­tellerin. Das wurde ausschließlich im Testament von 2012 verfügt. Das Testament von 2017 drückt aber explizit aus, dass es bei der Erb­einsetzung des alten Testaments bleiben soll. Das genügt nach Ansicht der Richter, um die Erb­einsetzung der Antrags­tellerin aufrechtzuerhalten.

(Dieser Artikel wurde am Freitag, 18. März 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, awi/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen