Mecklenburg-Vorpommern Bürgerbeauftragter konstatiert Verstöße bei Turbobeförderung
16.10.2025, 11:26 Uhr
Ein Polizist wird im Eiltempo befördert – mit fragwürdigen Beurteilungen und ohne Stellenausschreibung. Der Bürgerbeauftragte kommt zu einem eindeutigen Urteil.
Schwerin (dpa/mv) - Einen Tag nach dem Amtsverzicht von Innenstaatssekretär Wolfgang Schmülling (SPD) hat auch ein Bericht des Bürgerbeauftragten Christian Frenzel die erheblichen Bedenken gegen die Turbobeförderung eines leitenden Polizeibeamten durch Schmülling bestätigt. Dabei sei gleich in mehrfacher Hinsicht gegen geltendes Recht verstoßen worden, teilte Frenzel in Schwerin mit, nachdem er den Innenausschuss des Landtags über die Ergebnisse seiner Prüfungen unterrichtet hatte.
Zum einen sei die Beurteilung des Beamten, die Grundlage der Beförderung wurde, nicht rechtmäßig erstellt worden. Und dann habe Schmülling unzuständigerweise eine - bessere - Zweitbeurteilung vorgenommen. "Damit beruhte die Beförderung auf einer nicht rechtmäßig erstellten Beurteilung", konstatierte Frenzel in einer Mitteilung.
Die Beförderung sei zudem ohne Stellenausschreibung und ohne frühzeitige Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten erfolgt. Somit seien mehrfach Fehler aufgetreten, die der Staatssekretär hätte erkennen und vermeiden müssen, urteilte Frenzel. Als Bürgerbeauftragter des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist er auch Beauftragter für die Landespolizei und somit qua Amt verpflichtet, bei Hinweisen auf mögliche Mängel oder Fehlentwicklungen in der Landespolizei tätig zu werden.
Heftige Proteste von Polizei und Opposition
Der Polizist sollte unter Umgehung der üblichen Fristen vorzeitig zum Leitenden Polizeidirektor befördert werden. Da er auch der SPD angehört, machte schnell der Vorwurf der Vetternwirtschaft die Runde. Das Vorgehen entfachte innerhalb der Landespolizei einen Sturm der Entrüstung. Der betroffene Polizeibeamte teilte schließlich mit, dass er auf die Beförderung verzichte. Die Opposition im Landtag forderte personelle Konsequenzen, die am Mittwoch auch erfolgten.
Wie Innenminister Christian Pegel mitteilte, bat Schmülling um Entbindung von seinem Amt. Dem gab Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (alle SPD) statt. Die Aufgaben des 70-Jährigen werde vorübergehend die andere Staatssekretärin im Innenministerium, Ina-Maria Ulbrich, übernehmen, hieß es.
Gegen Schmülling laufen auch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit der Beschaffung von Corona-Schutzmaterialien. Durch unterbliebene Abrechnungen gegenüber den Landkreisen sollen dem Land wegen Verjährung 430.000 Euro entgangen sein. Schmülling wies die Vorwürfe als unbegründet zurück. Auch ein vom Innenministerium in Auftrag gegebenes Gutachten widersprach den Vorwürfen.
CDU erneuert Rücktrittsforderung gegen Minister Pegel
Nach den Worten der CDU-Landtagsabgeordneten Ann Christin von Allwörden reicht der Amtsverzicht Schmüllings nicht aus, um verloren gegangenes Vertrauen der Polizei in die Führung des Innenministeriums wiederherzustellen. Sie erneuerte die Forderung nach einem Rücktritt Pegels. "Wer von seinen Behörden Integrität verlangt, muss selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Ein Minister, der Rechtsverstöße in seinem Haus duldet oder sie billigend in Kauf nimmt, ist nicht mehr tragbar", sagte die Oppositionspolitikerin.
Grünen-Fraktionschefin Constanze Oehlrich warf Pegel vor, sich zu lange schützend vor seinen Staatssekretär gestellt und die Vorwürfe heruntergespielt zu haben. Mit dem Rücktritt Schmüllings sei die Affäre nicht beendet. "Es braucht eine vollständige Aufklärung der Vorgänge und konkrete personalpolitische Konsequenzen. Der Eindruck von Parteienfilz und Postengeschacher darf sich in der öffentlichen Verwaltung unseres Landes nicht weiter verfestigen", mahnte Oehlrich. Pegel müsse dafür sorgen, dass das Prinzip der Bestenauslese wieder uneingeschränkt gelte – bei Einstellungen, Beurteilungen und Beförderungen.
Der Bürgerbeauftragte Frenzel äußerte die Erwartung, dass im Innenministerium Entscheidungsprozesse künftig so gestaltet werden, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederholen werde. "Es liegt in der Natur der Sache, dass Entscheidungen zur Besetzung von Dienstposten oder Beförderungen nicht immer den Zuspruch aller finden. Umso wichtiger ist ein
ordentliches und transparentes Verfahren, was vorliegend nicht der Fall
war", stellte Frenzel fest.
Quelle: dpa