Regionalnachrichten

Mecklenburg-Vorpommern Schildkröten füttern und ein Appell - Merkel in Stralsund

Altkanzlerin Angela Merkel ist erneut in ihren ehemaligen Wahlkreis nach Stralsund gekommen. Anlass war der Abschluss eines Großprojektes und eine Ehrung.

Stralsund (dpa/mv) - Schildkröten füttern, Spaziergang in der Sonne, Bismarckhering und ein Verdienstorden – gleich mehrere Termine haben die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Stralsund geführt. Dabei brachte sie einen Appell mit in ihren ehemaligen Wahlkreis.

"Es ist für mich eine große Ehre", sagte Merkel, nachdem sie am Nachmittag den Verdienstorden des Landes Mecklenburg-Vorpommern von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) erhalten hatte. Sie sehe in der Auszeichnung auch den Dank an eine ganze Generation, die sich nach der Wende engagiert habe. "Wir haben viel zu tun gehabt." Merkel verwies etwa auf die damalige Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland.

Merkel gegen Umdeutung von Wendespruch

Aber Ängste und Sorgen habe es nicht nur vor 35 Jahren gegeben, sondern auch aktuell, so Merkel. Dabei müsse man denen entgegentreten, die versuchten aus dem Spruch von 1990, "wir sind das Volk", auszusortieren, wer noch zum Volk und wer zur Elite gehöre. An die anwesenden Amtsträger und Weggefährten gerichtet sagte Merkel, so sortiert gehöre wohl keiner der Anwesenden zum Volk.

"Es gibt keine Unterteilung in Eliten und Volk", sagte Merkel. "Deshalb meine Bitte an die, die heute noch aktiv sind: Lassen wir uns diesen Impetus, "wir sind das Volk", nicht von irgendjemandem nehmen, sondern kämpfen dafür, dass alle deutschen Staatsbürger das Volk sind."

An Merkel gerichtet sagte Schwesig: "Sie haben sich viele Jahre persönlich für unser Land starkgemacht." Merkel sei als Bundestagsabgeordnete und als Bundeskanzlerin eine wertvolle Verbündete für das Bundesland gewesen "Ein echter Glücksfall." Schwesig verwies unter anderem auf die Fertigstellung der A20 in MV oder den Bau der Rügenbrücke, als Projekte, die Merkel vorangebracht habe. Sie habe sich auch um die Werften und die maritime Industrie im Land verdient gemacht und trotz internationaler Verpflichtungen stets Zeit für die Belange des Bundeslandes gefunden. 

Merkel hatte ab 1990 mehr als 30 Jahre lang ihren Wahlkreis im Nordosten des Landes vertreten und bei allen acht Wahlen das Direktmandat gewonnen.

Festakt für Meeresmuseum

Am Vormittag hatte Merkel an einem Festakt zum Abschluss der mehrjährigen Sanierung des Meeresmuseums in der Altstadt teilgenommen. Nach Angaben der Stiftung Deutsches Meeresmuseum verzeichnete die neue Schau bereits rund 250.000 Gäste. Sie war nach mehrjähriger Bauzeit vergangenes Jahr teilweise wiedereröffnet worden. Seit Mai dieses Jahres ist auch der neue Aquarienrundgang zugänglich.

Merkel ließ sich durch die Ausstellung führen und fütterte Schildkröten. Als für den Wahlkreis zuständige CDU-Abgeordnete unterstützte sie das Projekt wie schon den Bau des Ozeaneums auf der Stralsunder Hafeninsel.

Museumsdirektor wird emotional

Unter anderem die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine hatten zu Verzögerungen und Kostensteigerungen geführt. Museumsdirektor Andreas Tanschus sprach zudem von einem Cyberangriff und einem Vergaberechtsstreit als Hindernisse. "Dass es so viele Widrigkeiten gibt, habe ich in meinen schlimmsten Alpträumen nicht gesehen." Teil der Modernisierung sein zu dürfen, nannte er dennoch eine "außerordentliche Gnade". Am Ende seiner teils emotionalen Rede versagte ihm fast die Stimme.

Gegenüber den ursprünglichen Plänen mussten Bund und Land die Finanzierung aufstocken auf insgesamt mehr als 51 Millionen Euro. Merkel dankte der damaligen Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) für die Beschaffung entsprechender Gelder zur Amtszeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): "Frau Geywitz, ich kann's mir vorstellen, Finanzminister Lindner - Finanzminister sind nie einfach -, aber der war besonders schwierig, glaube ich."

Nach dem Rundgang durch das modernisierte Museum spazierte Merkel zusammen mit Stralsunds Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) und Manuela Schwesig durch die Innenstadt zum Rathaus für die Verleihung des Verdienstordens. Vor dem Rathaus hatten sich am Nachmittag nach Polizeischätzungen etwa 150 Menschen versammelt, um dagegen zu demonstrieren. Die AfD hatte dazu aufgerufen. 

Geschenkter Bismarckhering für Merkel

Auf dem Weg zum Rathaus hatte Merkel noch in den Fischladen Rasmus hereingeschaut, der nach eigenen Angaben den nach original Stralsunder Rezept hergestellten Bismarckhering verkauft. Schon die Ex-Präsidenten George W. Bush und François Hollande hatten sich diesen auf Staatsbesuch in Merkels damaligen Wahlkreis schmecken lassen. Dieses Mal erhielt Merkel prompt eine Kiste geschenkt. Sie könne das annehmen, sagte sie. "Ich bin ja nicht mehr im Amt."

Merkel hatte ab 1990 mehr als 30 Jahre lang ihren Wahlkreis im Nordosten des Landes vertreten und bei allen acht Wahlen das Direktmandat gewonnen. In Stralsund hatte sie ihr Wahlkreisbüro. 16 Jahre lang war sie zudem Bundeskanzlerin. Bei den Bundestagswahlen 2021 war sie nicht mehr angetreten.

Quelle: dpa

Regionales
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen