Interview zu Schulfüller Kultfüller Lamy Safari kann "an eine Tasche geklemmt in die Ecke geworfen werden"
18.08.2025, 15:02 Uhr
Seit 1980 "Made in Germany": Der Lamy Safari gilt als unverwüstlich im Schulalltag.
Seit 1980 lernen Schüler mit dem Füller Lamy Safari schreiben. Über 60 Millionen Mal ist er seitdem verkauft worden. Im ntv.de-Interview erklärt der Leiter der Marken- und Produktstrategie bei Lamy, was den Erfolg des Schulfüllers mit dem ikonischen Clip ausmacht.
"Made in Germany" gilt weltweit als Qualitätsgarantie. Mittlerweile produzieren die meisten Unternehmen aber im Ausland. Selbst die, die auf Nachhaltigkeit wert legen, tun das meist im – teilweise weit entfernten – Ausland. Aber es gibt einige Firmen, die vom Standort Deutschland nicht abrücken. Wir stellen hier in einer Serie einige davon vor.
Seit Frühjahr 2024 gehört Lamy zur japanischen Mitsubishi Pencil Company, bleibt aber in Heidelberg ansässig und produziert weiterhin am Stammsitz in Deutschland. Marco Achenbach ist Leiter Marken- und Produktstrategie bei der C. Josef Lamy GmbH. Im Interview erklärt er die wichtigsten Prinzipien bei Lamy und wie diese zu den bis heute erfolgreichen Schreibgeräte-Klassikern geführt haben.
So wurde der Schulfüller Lamy Safari zum Welterfolg
Vor dem Lamy Safari, der 1980 auf den Markt kam, gab es nur sogenannte Jugendfüller. Die sahen aus wie Füllhalter für Erwachsene - nur eben in jugendlichen Farben. Lamy habe sich seinerzeit den "Erwartungen und Bedürfnissen der Schüler" gewidmet, so Marco Achenbach. Das Unternehmen beauftragte die Entwicklungsgruppe Mannheim (gegründet von Prof. Bernt Spiegel) mit der Aufgabenstellung: Welche Ansprüche muss ein moderner Schulfüller erfüllen? Das Team habe sich nicht so sehr darum gekümmert, "wie Füllhalter eigentlich aussehen sollten", so Achenbach. Erstmal wurde der Kern des Themas definiert: "Was braucht ein Schüler sinnvollerweise, damit er mit einem Füller ermüdungsfrei schreiben und schreiben lernen kann?“
Die Entwicklungsteams brechen bei der Gestaltung des Lamy Safari mit allem, was bis dato als Füller bekannt war. Heute würde man von einem disruptiven Konzept sprechen. Damals hat man es einfach getan – und damit den ergonomischen und robusten Schulfüller entwickelt. Die Entwicklung jedes Bestandteils des Schreibgeräts wurde einem spezialisierten Designer zugewiesen. So hat sich ein Team nur den Griff angeschaut, eines die Kappe und wieder ein anderes den Behälter, schildert Achenbach.
Füller Lamy Safari: "Der für die Satteltasche"
Was den Füller laut Achenbach bis heute so besonders macht: Er schreibt sofort, kratzt nicht und liegt gut in der Hand. Und er ist besonders robust. "Der muss es auch aushalten, an eine Tasche geklemmt in die Ecke geworfen zu werden", finden die Entwickler seinerzeit. Was Schüler halt schon mal so tun. "Der für die Satteltasche" - dieses Bild hatten die Entwickler damals im Kopf. Der Schüler als Cowboy! Das Entwicklungsteam ging davon aus, dass der robuste Füllhalter seine Besitzer auch nach der Schule auf ihren Abenteuern begleiten sollte. Und vom Thema Outdoor war es nicht weit bis zur Safari. Voilà!
Die Kunststoff-Hülle mache den Lamy Safari langlebig und erschwinglich, so Achenbach. Die vielen Farben, in denen er erhältlich ist, tragen zu seinem Kultstatus bei. Bis heute ist der Safari laut Achenbach der weltweit meistverkaufte Füllfederhalter in seiner Klasse. Auch bereits ausgewachsene Designliebhaber schätzen ihn.
Lamy Design: Alles der Funktion gewidmet
Bis 2024 war das Unternehmen Lamy in Familienbesitz, zuletzt in dritter Generation. Besonders prägend war die Ära von Dr. Manfred Lamy, der als Geschäftsführer die moderne Formensprache der Marke Lamy entwickelt hat. Er nutzte die Konzentration auf Designprinzipien, die einer konkreten Philosophie folgen, als Chance für Wachstum. Diese Prinzipien sind verwandt mit den Ideen der Kunstschule "Bauhaus" und anderer Designschulen, die "Form folgt Funktion“ als Gestaltungsgrundsatz sehen. Dekoration, wenn sie nichts zur Funktion beiträgt, ist dabei ein No-Go. "Unsere Produkte sind nur der Funktion gewidmet“, so Achenbach.
Füller Lamy 2000: Zahlreiche Designpreise
Noch lange vor dem erfolgreichen Füller Safari gab es den Lamy 2000: Er ist seit seiner Einführung im Jahr 1966 ein ikonischer Erfolg für die Marke. Das Modell ist maßgeblich für den internationalen Aufstieg von Lamy verantwortlich. Es hat zahlreiche renommierte Designpreise erhalten und gilt bei Schreibgeräte-Enthusiasten und Designliebhabern weltweit als zeitloser Klassiker. Der Lamy 2000 ist ein Kolbenfüller mit einer platinveredelten 14-Karat-Goldfeder. Das Schreibgefühl wird als sehr weich und präzise beschrieben. Befüllt wird er aus dem Tintenglas.
Der Lamy 2000 hat zu der Zeit seiner Markteinführung mit allem gebrochen, was bis dahin als Füllhalter galt, und markiert laut Achenbach den Startpunkt des Lamy Designs. "Bis dahin gab es eigentlich nur ein Füllermodell: das zigarrenartige Altherrenmodell“, erklärt er.
Lamy 2000: Der Füller wird per Hand montiert
Der Lamy 2000 wird laut Marco Achenbach noch komplett in Handmontage zusammengefügt. Das sei technologisch nicht automatisierbar und Teil der Oberflächenbearbeitung. Diesen manuellen Vorgang brauche es. "Und das wird sich auch nicht ändern", sagt Achenbach.
An Satteltaschen - oder vielmehr Schulranzen - werfen sollten Schüler lieber nur den robusten Lamy Safari. Für schöne Schriftstücke dienen aber sowohl der Safari als auch der Lamy 2000. Ob in der Schule oder außerhalb.
Quelle: ntv.de