Furcht vor November-Lockdown Blanke Existenzangst im Sport geht um
29.10.2020, 15:53 Uhr
Leichtathletik-Veranstaltungen können nun erstmal nicht mehr stattfinden.
(Foto: imago images/Beautiful Sports)
Der Amateursport in Deutschland sieht sich durch den temporären Lockdown ungerecht behandelt. Trotz guter Hygienekonzepte steht das Vereinsleben wieder still, die Alarmglocken im DOSB schrillen laut: Denn ein Mitgliederschwund droht - und damit einhergehend die Existenzen von vielen Vereinen.
Wer darf noch wo trainieren? Bleiben die Olympiastützpunkte geöffnet? Wie kommt man schnell an die Hilfsgelder des Bundes? Am Tag nach den folgenschweren Corona-Beschlüssen der Politik herrschte in Sportdeutschland große Verunsicherung. Der vierwöchige Lockdown im November stellt Sportler, Vereine und Verbände vor gewaltige Probleme, die ohnehin schon angespannte Situation wird an Schärfe zunehmen. Kann der finanzielle Kollaps vermieden werden?
Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), vollzog nach den einschneidenden Entscheidungen von Bund und Ländern einen Gefühls-Spagat. Einerseits wolle er die Beschlüsse solidarisch mittragen, das falle andererseits aber nicht leicht, "weil sich die bereits sichtbaren und die für viele noch unsichtbaren Corona-Schäden in Sportdeutschland durch diese pauschale Maßnahme der Politik nochmals deutlich verstärken."
Entscheidend für Hörmann ist nun der angekündigte Rettungsschirm des Bundes, der den betroffenen Bereichen der Gesellschaft zehn Milliarden Euro zur Verfügung stellen wird. Er fordert "im Bereich der angekündigten Nothilfen, dass der Sport in seiner ganzen Vielfalt unproblematisch daran teilhaben kann." Ansonsten stehe der Sport vor einem Aderlass.
"Schwere Situation für Kinder"
So bangen laut einer vom DOSB in Auftrag gegebenen Studie zwei Drittel der Spitzensportverbände in den kommenden 15 Monaten um ihre Existenz, sollte sich die Lage nicht grundlegend ändern. Den Vereinen droht ein Schwund von bis zu vier Millionen Vereinsmitgliedern. Der temporäre Lockdown, der ab Montag gilt, befeuert diese Ängste.
Hörmann sieht die Vielfalt des Sports mehr denn je bedroht. "Ganz klar und eindeutig: ja!", sagte er. Die Befürchtungen sind konkret: Immer weniger Mitglieder und immer weniger Einnahmen führen zu einem weiter eingeschränkten Angebot in den Vereinen. Beispiel SSF Bonn. "Uns wird die Corona-Krise 800 bis 1000 Mitglieder bis zum Jahresende kosten", sagte Harald Göbels als Vereinsvorsitzender des einst 8000 Mitglieder starken Traditionsklubs dem Generalanzeiger."
Im Blick hat Joti Chatzialexiou, Leiter Nationalmannschaften im DFB, nicht nur den Kinderfußball. "Für Kinder, die einen Bewegungsdrang haben, ist es eine schwere Situation. Handball, Basketball usw., die haben die gleichen oder noch größere Probleme, weil sie indoor tätig sind. Das ist echt schmerzhaft", sagte er.
"Sportveranstaltungen sind keine Superspreader"
Und Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler meinte dazu: "Das wird uns viele Schritte zurückwerfen. Die Kids lernen ja so viel im Sport - Werte, Regeln, das Soziale. Das steht alles still." Aber auch die Profisportler müssen wieder mit Einschränkungen rechnen. Max Hartung, Vorsitzender von Athleten Deutschland, sagte: "Es ist im Moment schwer vorstellbar, dass wir angesichts der Einschränkungen, beispielsweise bei den Kontakten, so arbeiten können wie in den vergangenen Jahren."
Hörmann kritisiert, dass die wie auch im Profisport entwickelten und für gut befundenen Hygienekonzepte nicht in die Entscheidung am Mittwoch eingeflossen seien. Der Sport habe "durch ein hohes Maß an Disziplin und mit der konsequenten Umsetzung von Hygienekonzepten erreicht, dass er nachweislich kein Infektionstreiber ist", sagte der DOSB-Präsident.
Zustimmung erhält er auch von Dagmar Freitag. Die Sportausschussvorsitzende im Bundestag ärgere sich besonders, "da es hier vor allem diejenigen trifft, die in den letzten Wochen mit sehr großem Engagement und innovativen Konzepten das Vereinsleben aufrecht gehalten haben." Unbestritten sei: "Sportveranstaltungen unter Einhaltung stringenter Hygienekonzepte sind weder im Profi- noch im Breitensport als Superspreader aufgefallen."
Quelle: ntv.de, dbe/sid