Sieger im Elfmeter-Krimi DFB-Junioren buchen EM-Final-Ticket
27.06.2017, 20:44 Uhr
Julian Pollersbeck hält den entscheidenden Elfmeter.
(Foto: imago/Contrast)
Der Traum vom Titel lebt weiter: Die deutsche U21-Nationalmannschaft steht im Finale der Europameisterschaft in Polen. Wieder einmal hat England im Elfmeterschießen einer hart umkämpften Partie das Nachsehen.
Trainer Stefan Kuntz und die Ersatzspieler stürmten jubelnd auf den Platz, im Tor schrien die deutschen U21-Fußballer um Elfmeter-Held Julian Pollersbeck in einer großen Jubeltraube ihre Freude heraus. Am Mittelkreis stellten sich Max Meyer und Co. für ein spontanes Siegerfoto auf und feierten mit lauten "Finale, oho"-Rufen die dritte Endspiel-Teilnahme einer deutschen U21.
Nach einem Elfmeter-Krimi gegen England stehen Deutschlands Nachwuchs-Fußballer erstmals seit dem Triumph von 2009 im EM-Finale und sind nur noch einen Schritt von einem neuen Titel-Coup entfernt. In einem hochklassigen und dramatischen Halbfinale besiegten die DFB-Junioren am Dienstag die Young Lions mit 4:3 (2:2,2:2,1:1) im Elfmeterschießen. Im dritten Finale nach 1982 und 2009 ist am Freitag (20.45 Uhr) in Krakau Spanien der Gegner.
Torhüter: Odisseas Vlachodimos (Pan. Athen), Julian Pollersbeck (Kaiserslautern), Marvin Schwäbe (Dresden)
Abwehr: Waldemar Anton (Hannover), Yannik Gerhardt (Wolfsburg), Gideon Jung (HSV), Thilo Kehrer (Schalke), Marc-Oliver Kempf (Freiburg), Lukas Klünter (Köln), Niklas Stark (Hertha), Jeremy Toljan (Hoffenheim)
Mittelfeld/Angriff: Nadiem Amiri (Hoffenheim), Maximilian Arnold (Wolfsburg), Mahmoud Dahoud (Mönchengladbach), Serge Gnabry (Bremen), Janik Haberer (Freiburg), Dominik Kohr (Augsburg), Max Meyer (Schalke), Levin Öztunali (Mainz), Maximilian Philipp (Freiburg), Felix Platte (Darmstadt), Davie Selke (Leipzig), Mitchell Weiser (Hertha)
Trainer: Stefan Kuntz
"Ich bin so stolz auf die Mannschaft, was die heute geleistet hat", sagte Kuntz in der ARD, attestierte seiner Elf eine "Weltklasse"-Leistung und fiel mit einem lauten "Ah" Pollersbeck in die Arme. Der Torwart wehrte die Schüsse von Tammy Abraham und Nathan Redmond ab. "Das war einfach geil heute. Deswegen schauen wir Fußball, deswegen spielen wir Fußball, deswegen leben wir Fußball", sagte der künftige HSV-Profi.
Glückwünsche aus dem Confed-Cup-Camp
Auch Bundestrainer Joachim Löw hat den DFB-Junioren bereits seine Glückwünsche ausgesprochen. "Super, Jungs, was für eine Spannung, wir hatten einen tollen Abend hier in Sotschi, wo wir alle gemeinsam das Spiel verfolgt und Euch die Daumen gedrückt haben", übermittelte Löw aus dem Quartier des Weltmeisters beim Confed Cup in Russland. "Ihr habt alles gegeben und den Einzug ins Finale absolut verdient. Für uns gilt es nun, dies bei unserem Spiel am Donnerstag gegen Mexiko ebenfalls zu schaffen", so Löw.
DFB-Präsident Reinhard Grindel sandte ebenfalls Glückwunsche an das Kuntz-Team. "Was für ein packendes Halbfinale, das Spiel hat in jeder Hinsicht das gehalten, was es versprochen hat. Dramatik, Klasse, Verlängerung mit Elfmeterschießen und eine Menge Torszenen, typisch Deutschland gegen England eben", urteilte Grindel. Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen sprach von einem "Wechselbad der Gefühle" beim Zuschauen im Teamhotel in Sotschi. Der Schalker Leon Goretzka, der vom Alter her auch noch in der U21 spielen dürfte, freute sich sehr für seine vielen ehemaligen Teamkollegen. "Der Sieg ist absolut verdient. Im Finale ist jetzt alles möglich."
Jung hat großes Glück
Die DFB-Junioren verdienten sich vor 13.214 Zuschauern nach nervösem Beginn mit einer deutlichen Leistungssteigerung und am Ende deutlicher Überlegenheit den Sieg. Stürmer Davie Selke brachte die deutsche Elf verdient in Führung (35. Minute), Demarai Gray gelang nach einer Ecke der Ausgleich für die starken Young Lions (41.). Kurz nach der Pause geriet die DFB-Auswahl durch Tammy Abraham in Rückstand (50.), der eingewechselte Felix Platte traf bei seinem allerersten U21-Einsatz zum Ausgleich (70.).
In einem höchst unterhaltsamen und teilweise spektakulären Duell vergab der eingewechselte Nadiem Amiri in der 114. Minute freistehend drei Meter vor dem Tor die Riesenchance zum 3:2 - es ging in das Elfmeterschießen mit dem glücklicheren Ausgang für Deutschland.
Vom Anpfiff weg gab es kein Abwarten. Auf dem rutschigen Rasen spielten Engländer und Deutsche mutig und offensivfreudig. In der dritten Minute reklamierte Selke einen Strafstoß, weil Calum Chambers ihn von den Beinen geholt haben soll. Doch mit dem Nicht-Pfiff lag Schiedsrichter Gediminas Mazeika aus Litauen richtig.
Im gegenüberliegenden Strafraum sorgte der kurzfristig für den Abwehrchef Niklas Stark in die Anfangself gerückte Gideon Jung vom Hamburger SV für den ersten Schreckmoment in der deutschen Hintermannschaft (8. Minute). Nach einem feinen Steilpass von Will Hughes blockte zunächst Jeremy Toljan den Schussversuch von Gray, anschließend rettete Torwart Julian Pollersbeck reaktionsschnell. Doch dann legte sich Jung den Ball viel zu weit vor und holte den heranstürmenden Hughes von den Beinen. Großes Glück für die Deutschen, dass Schiedsrichter Mazeika keinen Elfmeter pfiff.
Kuntz muss kurzfristig Innenverteidiger tauschen
Zum ersten Mal im Turnierverlauf hatte Nationaltrainer Stefan Kuntz seine Startelf verändert. Unfreiwillig mit Jung für Stark, freiwillig mit dem Freiburger Janik Haberer und BVB-Neuzugang Maximilian Philipp für den Gladbacher Mahmoud Dahoud und Mitchell Weiser von Hertha BSC. Nachdem Kuntz zuvor dreimal die gleiche Startelf aufs Feld geschickt hatte, machten sich die Wechsel zunächst durchaus bemerkbar.
Die Young Lions waren in der Anfangsphase das bessere Team und vergaben Chancen durch Nathaniel Chalobah (6.) und Abraham (18.). Erst nach rund 25 Minuten hatten sich die deutschen Nachwuchsfußballer besser auf ihren Gegner eingestellt. Rechtsverteidiger Toljan scheiterte mit einem schönen Fernschuss an 28-Millionen-Euro-Torwart Jordan Pickford (32.). Drei Minuten später belohnte sich die DFB-Auswahl für ihr Engagement. Eine Flanke von Toljan köpfte Selke unhaltbar für Pickford zum 1:0 ins Tor.
Anschließend wurde den Deutschen ihre Anfälligkeit bei Standardsituationen zum Verhängnis. Nach einem Eckball von James Ward-Prowse überwand Gray Pollersbeck mit einer Direktabnahme. Denkbar schlecht begann die zweite Hälfte für die Kuntz-Elf. Gnabry spielte einen schlechten Pass im eigenen Strafraum direkt in die Beine von Hughes. Dessen Hereingabe verwertete Abraham aus kurzer Distanz. Die DFB-Elf wirkte aber nur kurz verunsichert.
Toljan verpasste kurz vor dem Tor das mögliche 2:2 (58.). Dies gelang dem in der 63. Minute für den verletzten Selke eingewechselten Platte mit einem schönen Kopfball nach Flanke von Kapitän Maximilian Arnold. Philipp (73./74.) und Gnabry (74.) vergaben weitere Möglichkeiten. Der Darmstädter Platte war wenig später erneut erfolgreich (78.), stand bei seinem Kopfball jedoch ganz knapp im Abseits. Die Deutschen waren dem Siegtreffer deutlich näher, mussten dennoch in die Verlängerung und ins Elfmeterschießen - und durften am Ende jubeln.
Quelle: ntv.de, Miriam Schmidt, dpa